Nove Mesto (rad-net) - Die 27. Cross-Country-Weltmeisterschaften werden in die Geschichte des Sports als die bis dahin wohl besten eingehen. Nove Mesto setzt Maßstäbe in Sachen Organisation, Aufwand, Zuschauer-Aufkommen und Stimmung. Nach den starken Weltcup-Events in Albstadt und La Bresse erlebte die Saison 2016 eine weitere Steigerung. Nove Mesto wird ein Vorbild sein, aber (leider) nicht kopierbar.
«Besser geht es nicht», meinte eine, die sich auskennt. Melanie Leveau war viele Jahre Event-Koordinatorin beim Radsport-Weltverband UCI und ist jetzt im Sports-Marketing bei BMC tätig. Widerspruch wird sie für diese Einschätzung nicht ernten.
Hier einige Fakten, die das WM-Event zu einem herausragenden Ereignis machten:
Am Samstag kamen knapp 15.000 Zuschauer beim U23-Rennen der Herren und bei den Damen, am Sonntag 23.300 für die U23-Damen und die Elite Herren. Über die gesamten fünf Tage waren es 57.000 Menschen, was die Erwartungen der Veranstalter von 50.000 sogar noch übertraf.
Zwei Videowalls im Start-Zielbereich, zwei Videowalls im Wald, drei Zuschauertribünen im Wald plus die feste im Biathlon-Stadion mit 8500 Plätzen. So ein Aufwand wurde im Mountainbike-Sport noch nie betrieben.
Es gab Live-Übertragungen wie noch nie. Außer den Juniorenrennen flimmerte alles direkt über die Video-Walls, respektive im Livestream. Erstmals sogar auch das Team Relay. Das Tschechische Fernsehen produzierte die Bilder mit großem Aufwand.
Knapp 1,4 Millionen Euro hoch war das Budget für diese WM, rund 600 Menschen arbeiteten am Event mit. Der Verkauf der Eintrittskarten waren als wesentlicher Bestandteil im Haushalt eingeplant, erzählt Pressesprecher Jan Nemec. Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein. Und Einnahmen aus dem WM Fanshop gab es wohl auch. 1500 Baseball-Caps mit dem WM-Logo hatten die Organisatoren herstellen lassen. 1500 Baseball-Caps, die bereits am Freitag (!) ausverkauft waren. «Und das, obwohl die für tschechische Verhältnisse sehr teuer angeboten wurden», sagt Nemec.
Die Stimmung, die man bereits bei den bisher fünf Weltcup-Events in Nove Mesto erleben durfte, wurde noch mal übertroffen. Wenn ein tschechischer Fahrer durch eine technische Passage ging, brandete Jubel auf, als hätte die Heim-Mannschaft ein Tor geschossen. Rasseln, Trompeten, Pauken, Gebrüll, Transparente, alles wurde zu einer Melange an Begeisterung. Doch nicht nur die Tschechen selbst bekamen diese Gänsehaut-Atmosphäre zu spüren. Mit ein paar Dezibel weniger wurden auch die Konkurrenten wie Nino Schurter begleitet. Und auch die hinteren Chargen. «Das war auch schon Wahnsinn als ich noch in den hinteren Regionen unterwegs war», erklärte zum Beispiel Christian Pfäffle.
In Tschechien ist der Mountainbike-Sport eine große Nummer, vielleicht vergleichbar mit der Schweiz. An jedem Wochenende gibt es während der Saison eine Menge Wettkämpfe. Marathons, Cross-Country-Rennen, Downhills. Radsport an sich ist in Tschechien die populärste Freizeit-Aktivität.
Schon deshalb lässt sich der WM in Nove Mesto zwar nacheifern, aber kopieren lässt sie sich nicht. Dafür gibt es auch noch andere Gründe.
In Tschechien hat Jaroslav Kulhavy für eine große Aufmerksamkeit gesorgt. Als Weltmeister, als Olympiasieger ist er in einem vergleichsweise kleinen Land zu einer großen Figur geworden. In den Sommersportarten gibt es nicht all zu viele Medaillengewinner aus seiner Heimat. Ein wenig vergleichbar mit der Schweiz, wo Nino Schurter (und Jolanda Neff) ähnlich viel Aufmerksamkeit erhält.
Das Biathlon-Stadion bietet optimale Voraussetzungen. Es gibt die riesige Tribüne mit Funktionsräumen, es gibt weitere nutzbare Gebäude, es gibt das «Ski-Hotel» auf dem Areal und viel Platz. Das gibt es sonst nirgendwo. Zudem ist die «Vysocina-Arena» für die Menschen in der Region als Ort für Sport-Events bereits bestens etabliert. Langlauf- und Biathlon-Weltcups gibt es hier, der nächste diesen Dezember, auch die Biathlon-WM war 2013 schon zu Gast.
Das wiederum hat auch einen Effekt auf die Organisation. Bestimmte Abläufe sind eingespielt, zum Beispiel die Organisation von Verkehr, Parkplätzen und der Shuttle zum Event.
Durch die Biathlon- und Langlaufstrecken existieren Wege in den Wald, für die Logistik, den Streckenbau und für die Zuschauer-Führung. Der kleine Hang direkt am Stadion ist für eine Cross-Country-Strecke ideal geeignet. Auch ohne Video-Übertragung sieht der Fan die Fahrer sehr oft.
Das ist in seiner Gesamtheit nicht auf andere Standorte nicht übertragbar. Insofern wird die WM in Nove Mesto einzigartig bleiben.