St. Wendel (rad-net) - Titelverteidigerin Sabine Spitz hat bei der Marathon-WM in St. Wendel die Silbermedaille gewonnen. Trotz Hinterrad-Defekt musste sich die Olympiasiegerin nur der Schweizerin Esther Süss geschlagen geben. Elisabeth Brandau wurde Vierte, Birgit Söllner landete auf Rang fünf. Bei den Männern war Karl Platt als Siebter bester Deutscher beim Sieg des Österreichers Alban Lakata. Etwa bei Kilometer 60 gerieten die Medaillenhoffnungen von Sabine Spitz (Murg-Niederhof) in Gefahr. An erster Position einer etwa 20-köpfigen Spitzengruppe fuhr sie in einer Singletrail-Passage, als sie sich am Hinterrad einen Defekt einhandelte.
«Dadurch haben alle mitbekommen, dass ich Plattfuß habe», schilderte Spitz die Situation. Am Ende der Gruppe lag ihre Central-Pro-Teamkollegin Anja Gradl (Kastl). Die 24-Jährige stellte der Deutschen Meisterin ihr Hinterrad zur Verfügung, so dass Spitz das Rennen mit rund eineinhalb Minuten Verspätung wieder aufnehmen konnte. Bei ihrer Aufholjagd überholte sie die stark fahrende Elisabeth Brandau (Schönaich) und erreichte etwa bei Kilometer 90 die Dänin Annika Langvad, nachdem die Slowenin Blaza Klemencic per Defekt aus der dreiköpfigen Spitzengruppe zurück gefallen war.
Sabine Spitz erwies sich dabei auf den letzten knapp 20 Kilometer als klar stärker, doch die führende Esther Süss konnte sie nicht mehr gefährden. Nach 107,93 Kilometer gewann Süss in 4:33:46 Stunden zum ersten Mal den Marathon-WM-Titel. Sabine Spitz ließ sich vom heimischen Publikum mit 1:56 Minuten Rückstand als Silbermedaillengewinnerin bejubeln. Es ist ihre vierte WM-Medaille auf der Langdistanz und die insgesamt zehnte WM-Medaille ihrer Karriere. «Ich bin mit der Medaille sehr zufrieden. Was gewesen wäre ohne Defekt, das ist spekulativ. Ich habe mich jedenfalls sehr gut gefühlt, aber ohne die Hilfe von Anja hätte ich wohl keine Medaille gewinnen können», erklärte Spitz.
Elisabeth Brandau hielt bis ins letzte Renndrittel hinein Kontakt zu einem Medaillenrang. Doch dann schwanden die Kräfte bei der Schönaicherin und als Spitz von hinten kam, konnte sie nicht mehr lange an deren Hinterrad bleiben. Am Ende wurde sie starke Vierte, allerdings bereits mit 4:57 Minuten Rückstand auf Langvad, die 2:53 Minuten Differenz gegenüber Süss aufwies. Birgit Söllner (Nürnberg) rundete als Fünfte (+7:54) einen formidablen Auftritt der deutschen Damen ab.
Für die deutschen Herren verlief es nicht so glücklich. Karl Platt (Osthofen) präsentierte sich sehr stark und spielte eine ausgenommen gute Rolle. Nachdem der Pfälzer einmal durch einen taktischen Fehler in einem Singletrail, als er an letzter Position einer 40-köpfigen Gruppe in eine enge Passage hinein fuhr, eine halbe Minute Rückstand kassierte, musste er im Alleingang die Lücke wieder schließen. «Das hat Kraft gekostet», bekannte Platt im Ziel, das er als Siebter mit nur 25 Sekunden Rückstand auf den neuen Weltmeister Alban Lakata (3:49:55 Stunden) erreichte.
Als Lakata aus einer neunköpfigen Spitzengruppe heraus wenige Kilometer vor dem Ziel die entscheidende Attacke setzte, da ließ sich Platt genauso überraschen, wie alle anderen Mitfavoriten.
«Wir hatten Lakata nicht mehr auf der Rechnung», meinte Platt. Der Österreicher hatte mehrfach Mühe gehabt an den Anstiegen zu folgen, war auf der Asphaltpassage zum Schluss aber nicht mehr zu halten. «Platz sieben als bester Deutscher ist nicht schlecht, aber ich darf mich damit nicht zufrieden geben. Ich wollte mehr und ich habe mich auch die ganze Zeit sehr wohl gefühlt», meinte der Deutsche Marathon-Meister von 2008.
Lakata hatte nach 107,93 Kilometern in 3:49:55 Stunden ganze 5 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Mirko Celestino und 5,5 auf den Südafrikaner Burry Stander. Dem Schweizer Ralph Näf fehlten zu Bronze nur drei Zehntelsekunden. Zweitbester Deutscher wurde Tim Böhme (+1:22 Minuten). «Ich bin zufrieden, nachdem ich vor zwei Wochen noch dachte, meine Saison sei zu Ende», meinte der Freiburger zu seinem Rennen.
Jochen Käß aus Bietenhausen wurde mit 2:09 Minuten Differenz 13. Er hatte sich bis 15 Kilometer vor dem Ziel noch in der Spitzengruppe aufgehalten. Dann zollte er Tribut und fiel zurück. «Ich bin dreimal zu weit hinten in die Singletrails rein gekommen und musste Lücken wieder schließen. Dann sind sie vor mir in einen Wurzelanstieg mit Zug rein gefahren. Ich habe 15 Sekunden kassiert und oben auf der Fläche bin ich alleine gefahren, das hat mir dann den Stecker gezogen», erklärte Käß, der sein Ziel, einen Platz in den Top-Ten verfehlte.
Der Neustädter Wolfram Kurschat musste anerkennen, dass er mit dem Trainingsrückstand nach seinem doppelten Rippenbruch auf diesem Kurs nicht mithalten konnte. Bereits früh wurde er durch das hohe Anfangstempo abgehängt und gab dann auf.