Erfurt (dpa) - Der Streit zwischen Bernhard Kohl und dem jetzigen Milram-Teamarzt Mark Schmidt wird ein Fall für die Justiz. Nach Kohls Doping-Vorwürfen geht der Mediziner in die Offensive und hat eine Klage gegen den früheren Gerolsteiner-Radprofi in Österreich auf den Weg gebracht.
«Wir werden Herrn Kohl verklagen. Wir nehmen Herrn Kohl auf Unterlassung und Widerruf der im 'Kurier' abgedruckten Äußerungen in Anspruch», sagte Schmidts Vater und Anwalt Ansgard Schmidt der Deutschen Presse-Agentur dpa. Kohl hatte Schmidt in der österreichischen Zeitung «Kurier» vorgeworfen, während der Tour de France 2008 in seine «Dopingvorgänge» eingeweiht gewesen zu sein. Der Arzt bestreitet alle Vorwürfe und hat nach Angaben seines Vaters eine entsprechende «eidesstattliche Versicherung» unterzeichnet.
Schmidt selbst soll vor der Erfurter Polizei aussagen. Der frühere Gerolsteiner-Teamarzt werde im Rahmen eines Verfahrens in Österreich «als Zeuge» vernommen, sagte die Erfurter Oberstaatsanwältin Annette Schmitt. Bereits am 13. August, also vor den jüngsten Vorwürfen von Kohl, habe es ein Rechtshilfeersuchen vom Bundeskriminalamt aus Linz gegeben. Dort ermittelt die Sonderkommission Doping, die sich auch mit Kohls Ex-Manager Stefan Matschiner beschäftigt hat.
Milram-Teamchef Gerry van Gerwen hatte sich von Schmidt nach ersten vagen Kohl-Verdächtigungen bereits im Mai schriftlich versichern lassen, dass er keine Dopingmittel besorgt, weitergeleitet oder verabreicht habe. Also habe er «keine Angst», so van Gerwen: «Er hat gesagt, er hat es nicht getan.» Mit großem Interesse verfolgt Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer den Fall und behält sich rechtliche Schritte gegen seinen einstigen Teamarzt vor. «Wir sind sehr gespannt, was da rauskommt», sagte Holczer, der Kohls Aussagen einen hohen Wahrheitsgehalt bescheinigte: «Was Kohl in letzter Zeit gesagt hat, hat sich immer wieder bewahrheitet.»
Der in Nachkontrollen zur Tour 2008 positiv auf das EPO-Präparat CERA getestete Kohl schilderte im «Kurier» detailliert, wie die Doping-Praktiken abgelaufen sein sollen. Manchmal habe er sich morgens in Schmidts Hotelzimmer geschlichen, «wo er mir dann mein Blut mit einer Kochsalzlösung verdünnt hat, um meinen Wert zu senken». Er habe zu Schmidt von Beginn an eine «gute Gesprächsbasis» gehabt, sagte Kohl. «Irgendwann kamen wir auf Doping zu sprechen. Er sagte: 'Logisch, dass man es machen muss.' Er sagte einmal, dass ich nicht der Einzige im Team sei, der Blutdoping fabriziere.»
Es stimme nicht, dass Mark Schmidt in Kohls Dopingvorgänge eingeweiht gewesen sei, betonte Ansgard Schmidt: «Eine Mitwirkung hat nicht stattgefunden.» Kohl will sich dagegen ganz genau an Mark Schmidts angebliches Handeln erinnern. Für das Blutdoping am 11. Juli in einem Hotel in Bordeaux habe dieser ihm und Matschiner sein Zimmer angeboten. «Ich fragte Teamarzt Schmidt, wo wir am besten die Blutzufuhr veranstalten könnten. Mark bot sein Zimmer an», so Kohl.
Der Tour-«Bergkönig» 2008 hatte sich im Vorjahr während der Frankreich-Rundfahrt mit Eigenblut gedopt und danach förmlich eine Leistungsexplosion erlebt. In einer Nachkontrolle war Kohl der CERA-Einnahme überführt und für zwei Jahre gesperrt worden. Wegen des gleichen Vergehens wurde auch sein Zimmerkollege Stefan Schumacher gesperrt. Im Gegensatz zu Kohl bestreitet der zweifache Tour-Etappengewinner des Vorjahres aber jegliche Manipulation.