Annonay-Davézieux (dpa) - Auf der 12. Tour-Etappe feierte zum vierten Mal ein Brite den Tagessieg. David Millar jubelte als bester Sprinter einer Ausreißergruppe und erinnerte danach an seine überwundene Doping-Vergangenheit. Die Favoriten gönnten sich einen Ruhetag.
Seinem Sprintsieg in Annonay-Davézieux David Millar gleich im doppelten Sinn besondere Bedeutung zu. Als der Schotte nach seinem Erfolg auf der 12. Etappe der Tour de France wieder bei Puste war, richtete der 2004 des EPO-Dopings überführte und geständige Routinier einen flammenden Appell an die Radsport-Gemeinde: «Ich bin ein Ex-Doper! Aber heute habe ich gezeigt, dass es auch sauber geht. Die Dinge haben sich massiv verändert. Heute ist es möglich, sauber zu siegen!» Auf den Tag genau 45 Jahre nach dem Drogen-Tod seines Landsmannes Tom Simpson auf dem Mont Ventoux widmete Millar seinen Erfolg auch ihm. «Das war eine Hommage an Tommy», unterstrich Garmin-Profi Millar.
Der Zeitfahr-Spezialist hatte sich nach 226 Kilometern und damit der längsten Etappe der 99. Tour im Schlusssprint einer fünfköpfigen Spitzengruppe gegen den Franzosen Jean-Christophe Peraud und Egoi Martinez aus Spanien durchgesetzt. Millar feierte seinen dritten Tagessieg bei der härtesten Landesrundfahrt der Welt.
Im Kampf um das Gelbe Trikot in der Gesamtwertung gab es keine Veränderungen. Bradley Wiggins führt weiter mit 2:05 Minuten Vorsprung auf seinen Sky-Teamkollegen Christopher Froome und 2:23 Minuten auf Vincenzo Nibali aus Italien. Wiggins freute sich im Ziel vor allem auch darüber, dass nach ihm selbst sowie seinen Teamkollegen Mark Cavendish und Froome der vierte Brite einen Etappenerfolg 2012 einfuhr: «Dieser Sieg von David macht Mut für Olympia. Wir werden dort auf der Straße ein Super-Team haben.»
Auf dem Teilstück über zwei Berge der 1. Kategorie gleich zu Beginn vergeudeten Wiggins, Froome und Co. sowie deren Teams keine Kräfte, die sie in der letzten Woche in den Pyrenäen noch brauchen werden. So war auch ziemlich schnell klar, dass es das Fluchtquintett um Millar, Peraud, Martinez, Robert Kiserlovski und Cyril Gautier vor dem Feld ins Ziel schaffen würde. Die Ausreißer hatten sich schon früh aus dem Peloton gelöst und die Ziellinie dann knapp acht Minuten vor dem Favoriten-Feld erreicht.
In Saint-Jean-de-Maurienne waren am Morgen zwei prominente Fahrer nicht mehr angetreten. Alessandro Petacchi, bei dieser Tour bereits einmal Etappenzweiter, hatte schon am Vortag nach einem Sturz die Karenzzeit im Ziel verpasst und wurde damit nicht mehr zum Start zugelassen. Der italienische Sprint-Altmeister war bei der Abfahrt vom Col de la Croix de Fer hart aufgeschlagen und hatte sich dabei möglicherweise einen Rippenbruch zugezogen, wie es auf der Homepage seines Teams Lampre hieß. Er soll in Italien untersucht werden.
Rabobank-Kapitän Robert Gesink beendete nach mehreren Stürzen in der ersten Woche seine völlig verpatzte Tour und will sich auf die Vuelta in Spanien konzentrieren. «Die Verletzungen beeinträchtigen mich», sagte der Niederländer auf der Website seines Rennstalls. Es mache keinen Sinn, um den 60. Platz zu fahren.
Am Samstag, dem französischen Nationalfeiertag, werden die noch verbliebenen Fahrer die Mittelmeerküste erreichen. In Cap d'Agde dürfte dann wieder die Stunde der schnellen Männer schlagen. Der Rostocker André Greipel, der sich im Gegensatz zu anderen Sprintern wie Petacchi, Mark Renshaw oder Oscar Freire erfolgreich über die Berge quälte, könnte seinen dritten Sieg in diesem Jahr einfahren.