Madrid (dpa) - Sportrechtler Michael Lehner glaubt nicht an rechtliche Konsequenzen durch die gerichtlich angeordnete Weitergabe der 2006 im Doping-Skandal Fuentes sichergestellten Blutbeutel von über 50 Radprofis.
«Unabhängig von Verjährungsfragen stelle ich mir Ermittlungen schwierig vor. Es dürfte wohl kaum noch eine Verbands-Strafgewalt bestehen, weil die wenigsten damals enttarnten Profis noch eine Lizenz halten», sagte Lehner am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Trotzdem erwarte der Anwalt von der Welt-Anti-Doping-Behörde (WADA) «aus historischer Sicht» eine Offenlegung der Erkenntnisse.
Zehn Jahre nach der Aufdeckung des großen spanischen Dopingskandals hat ein Madrider Berufungsgericht den Arzt Eufemiano Fuentes freigesprochen. Die Richter ordneten an, dass die Blutbeutel an die WADA und andere sportliche Institutionen ausgehändigt werden müssen. Fuentes war im größten Dopingprozess der spanischen Sportgeschichte zu einem Jahr Haft und zu einem vierjährigen Berufsverbot verurteilt worden.
Im aktuellen WADA Code gilt im Moment nach Auskunft des Sportrechtlers Siegried Fröhlich eine Verjährung von zehn Jahren. Bei Beschlagnahme der Blutbeutel 2006 seien aber noch acht Jahren relevant gewesen. Die WADA könne sich aber auf eine «Hemmung der Verjährung» berufen und dennoch ermitteln.
Zwei prominente noch aktive Profis, die damals in die Affäre verwickelt gewesen sein sollen, sind die Spanier Alberto Contador und Alejandro Valverde. Valverde war vom Italienischen Nationalen Olympischen Komitee CONI 2009 verurteilt und ein Jahr später auch nach einem Urteil des Sport-Schiedsgerichts CAS weltweit gesperrt worden. Sein Landsmann Contador war nicht in Zusammenhang mit der Fuentes-Affäre sondern 2010 wegen eines positiven Doping-Befundes bei der Tour de France gesperrt worden.
Der einzige deutsche Toursieger Jan Ullrich war 2008 von der Bonner Staatsanwaltschaft der illegalen Kooperation mit Fuentes überführt worden. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit sah der CAS 2012 Ullrichs Schuld als erwiesen an und verurteilte ihn zu einer Sperre. Der dritte Platz bei der Tour de France 2005 und sein Sieg bei der Tour de Suisse 2006 waren ihm aberkannt worden. Ullrich gestand lediglich eine «Zusammenarbeit» mit dem umstrittenen Mediziner.
Nachdem zunächst hauptsächlich der Radsport betroffen war, wurde später bekannt, dass auch viele Spitzenathleten anderer Sportarten, darunter Fußballer, zu den Kunden von Fuentes gehörten. Diese Sportler wurden, im Gegensatz zu den Radsportlern, namentlich bisher nicht bekannt.