Frankfurt (rad-net) - Manfred Maute, ehemaliger Kunstradsportler und Trainer aus Tailfingen, feiert heute seinen 80. Geburtstag.
Er war eine große Persönlichkeit in einer relativ kleinen Sportart, in einer Disziplin, die ästhetisch die attraktivste ist im vielseitigen Radsport. Sie vereint hohes turnerisches und radfahrerisches Können, macht daraus auf einer 11x14 Meter großen Fläche eine sportliche Kunst und ist seit 1956 WM-Disziplin, träumt aber - weil inzwischen global verbreitet - seit längerem auch von Olympia.
Ein knappes Jahrzehnt lang, von 1964 bis 1972, gab es kein WM-Podest ohne Maute. Es glänzten dreimal Gold, viermal Silber und einmal Bronze an seiner Brust, dazu vier Deutsche Meistertitel, die angesichts der starken nationalen Konkurrenz als ebenso wertvoll galten wie ein Regenbogentrikot. Die Zahl der Kontrahenten im eigenen Lande war damals wie heute groß, wie etwa durch Hans Thissen, Willi Eichin, Gerhard Obert und Kurt Hunsänger. Bis zum West-Reiseverbot mischten auch DDR-Kunstradsportler mit, wie Gerhard Blotny und Gerhard Bräuer.
Berühmt und unvergessen bleiben Mautes Handstände auf dem Lenker, seine Drehsprünge; dazu die Eleganz und Präzension, mit der der gelernte Strickmaschinentechniker von der Schwäbischen Alb während der Sechs-Minuten-Kür seine Runden drehte: 28 verschiedene Übungen, deren Schwierigkeit und Risiko der Athlet bestimmte, begleitet von leichter Musik.
Was Maute zudem noch auszeichnete, waren seine beispielhafte Bescheidenheit und Sportkameradschaft.
Rechnet man die langen Anlauf- und Lehrjahre als Schüler und Jugendlicher dazu, blickt Manfred Maute auf rund 25 Jahre als aktiver Kunstradsportler zurück. Als er sich 1972 nach dem WM-Titel in Offenburg als Wettkämpfer verabschiedete, begann postwendend seine zweite Karriere - als Landesverbandstrainer für Baden-Württemberg.
Es wurden großartige, erfolgreiche 31 Jahre, in denen der nunmehr 80-Jährige Generationen von Kunstradsportlern betreute, sie behutsam heranführte und begleitete bis zum Gipfel. So ist er für 186 Medaillengewinne von Aktiven und Junioren aus Baden-Württemberg allein nur bei Weltmeisterschaften mitverantwortlich. 50 davon glänzten golden. Maute kollidierte dabei nie mit dem legendären Schwenninger Bundestrainer Heinz Pfeiffer. Man arbeitete zusammen, freute sich gemeinsam über die Erfolge. Wie man dabei auch nie die Basisarbeit der Vereinstrainer vergaß. Doch bei Manfred Maute in der Turnhalle der Sportschule Albstadt-Tailfingen - holten sich die Talente den Feinschliff.
Landestrainer Maute machte seine Kunstradsportler als erster auch mit der für Wettkämpfe nicht unwichtigen Sportpsychologie bekannt; er drehte Lehrfilme für die Vereine; war ein Jahrzehnt lang Lehrwart des Bund Deutscher Radfahrer (BDR).
Und schließlich wurde er der beste Trainer und Ratgeber auch für seinen Sohn Dieter, Jahrgang 1967. «Drei Stunden, fast täglich, waren wir zusammen in der Turnhalle», erinnert der heutige Bundestrainer an die Arbeit mit dem strengen Vater. «Natürlich haben wir uns auch manchmal gefetzt.» Das musste wohl so sein, wenn man einen einzigen Sprung bis zu 3000 Mal, am Sicherheitsseil hängend, trainiert, bis er wettkampfreif ist. Es war der berühmte Sprung vom Sattel auf den Lenker, der «Mautesprung», der nach fast zwei Jahren Entwicklungszeit 1993 erstmals wettkampfmäßig gesprungen und sofort in den UCI-Wertungskalender aufgenommen wurde. Heute gehört er für die Kunstradsportelite quasi zum Pflichtprogramm – zählt zwar nicht mehr als schwerste Übung; doch wenn sie misslingt, wird der Sieg zur Illusion.
Es lebte das Maute-Talent auch bei Sohn Dieter erfolgreich weiter: fünfmal Weltmeister, sechsmal Deutscher Meister zwischen 1986 und 95 - der Zeit großer Duelle mit Harry Bodmer (heute BDR-Vizepräsident Hallenradsport) und Jens Schmitt. Schließlich die Fortsetzung der Familientradition: Seit 2003 ist Maute junior Landesverbandstrainer in Baden-Württemberg und zugleich auch Bundestrainer Kunstradsport im BDR. Ebenfalls eine Erfolgsgeschichte.
Es ist gewissermaßen eine Personalunion großer Erfolge, auf die Senior Manfred Maute an seinem 80. Geburtstag stolz zurückblicken kann; ebenso auf 59 Jahre durch dick und dünn mit seiner Ehefrau Roswitha, auf je zwei sportverbundene Töchter und Söhne und nun ganz besonders auf Enkel Max, der mit 21 in der Kunstradsport-Weltelite angekommen ist und sich erstmals für die WM qualifiziert hat. Gewissermaßen ein Geburtstaggeschenk für den Großvater, dem neben vielen Kunstradsportlern und ihren Anhängern auch der Autor herzlich gratuliert.
Text: DOSB / Klaus Angermann