Mailand (dpa) - Die Nummer eins wird am Samstag zu Hause in Oberursel etwas frustriert im Fernsehsessel schmachten. Der erste Frühjahrs-Klassiker Mailand-Sanrenmo findet ohne den rekonvaleszenten Vorjahressieger John Degenkolb statt.
An seiner Stelle wird Weltmeister Peter Sagan mit der Startnummer eins am Start des 291 Kilometer langen Rennens stehen. Die Abstinenz werde «weh tun», sagte Degenkolb, dessen lädierter linker Zeigefinger noch immer in einer Schutzschiene steckt.
Er hat nach dem Horror-Crash vom Januar, der ihn aus allen Träumen gerissen und schwer blessiert zurückgelassen hatte, gerade mit leichtem Training begonnen. Sein Favorit für Samstag heißt Alexander Kristoff aus Norwegen, der 2014 gewann. «Ich hätte mich gern mit ihm oder Fabian Cancellara gemessen. Aber vielleicht habe ich nochmal die Möglichkeit, dort als Titelverteidiger am Start zu stehen», sagte der 27 Jahre alte Kapitän des deutschen Giant-Alpecin-Rennstalls.
FAVORITEN: Bei der 107. Auflage der «Primavera» stehen die Arrivierten bei den Buchmachern in der Pole Position: Neben dem Vorjahreszweiten Kristoff, der in diesem Jahr schon fünf Siege verbuchte, vor allem der Schweizer Fabian Cancellara (Sieger 2008), der am Freitag 35 Jahre alt wurde, und Weltmeister Peter Sagan. Cancellara wird Ende des Jahres seine Karriere beenden. Aber auch der der bärenstarke Tirreno-Adriatico-Sieger Greg van Avermaet aus Belgien hat Aktien auf den Sieg. Ein einheimischer Nachfolger von Degenkolb ist nicht in Sicht.
DIE DEUTSCHEN: Sein Rennstall schickt den Tour-de-France-Etappensieger Simon Geschke und den spurtstarken Nikias Arndt ins Rennen. «Klar - John ist nicht dabei und wir werden jetzt nicht so sehr für eine Sprintankunft fahren, aber wir haben Simon. Ich bin - falls es zum Sprint kommt - dann quasi der Joker», sagte Arndt der Deutschen Presse-Agentur. Die Teamführung um Manager Iwan Spekenbrink verbringt den Nachmittag in Bielefeld beim Sponsor Alpecin. Eventuell hätte sich André Greipel etwas ausrechnen können. Aber der zweifache deutsche Meister musste wegen eines dreifachen Rippenbruchs, den er sich bei seinem Sturz bei der Algarve-Rundfahrt zugezogen hat, passen.
DIE STRECKE: Der erste Frühjahrs-Klassiker, der zusammen mit der Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Lombardei-Rundfahrt zu den fünf «Monumenten» des Radsports zählt, ist die längste aller Eintagesprüfungen. In Mailand müssen die Profis noch 7,8 neutralisierte Kilometer bis zum «scharfen» Start zurücklegen, so dass sie in der Addition auf fast 300 kommen. Wie meist wird die Vorentscheidung 9,7 Kilometer vor dem Ziel auf der Via Roma beim 3,7 Kilometer langen Anstieg auf den Poggio fallen. Zehn Sekunden Vorsprung am Gipfel könnten reichen. In den letzten Jahren siegten immer Sprinter.
REKORDE: Den deutschen Sieg-Rekord hält Erik Zabel, der zu Telekom-Zeiten viermal (1997, 1998, 2000, 2001) triumphierte. Die meisten Siege bei der «Classicissima» verbuchte Eddy Merckx, der zwischen 1966 und 1976 siebenmal gewann. Deutschen Radprofis liegt Mailand-Sanremo. Neben Degenkolb und Zabel trugen sich auch Weltmeister Rudi Altig (1968) und Gerald Ciolek (2013) in die Siegerliste ein.