Lüttich (rad-net) - Lüttich-Bastogne-Lüttich wird am kommenden Sonntag, den 24. April, die Frühjahrsklassiker beschließen. 200 Fahrer stellen sich beim ältesten Eintagesrennen der Welt, auch La Doyenne (die Älteste) genannt, einer ganz besonderen Herausforderung. Die Schleife von Lüttich in das südlicher gelegene Bastogne und zurück ist 253 Kilometer lang. Zusammen mit den giftigen Ardennen-Anstiegen im zweiten Streckenteil wird das Rennen so zum anspruchsvollsten Klassiker der Saison. Und im 124. Jahr scheint sogar eine weitere Hürde möglich: für den Renntag ist eine Kaltfront vorhergesagt, die einstellige Temperaturen und sogar Schneeschauer bereithalten soll.
Die Côte de la Redoute, ein Anstieg über zwei Kilometer mit einer maximalen Steigung von 17 Prozent, gehört zu den berühmtesten Passagen im Rennen. Die Redoute läutet die letzte Rennstunde ein und hat schon oft mit einer Vorselektion der Favoriten das Finale eröffnet. 20 Kilometer vor dem Ziel steht der in diesem Jahr noch schwierigere Falkenfelsen (Côte de la Roche-aux-Faucons, 1,3 Kilometer lang, 11 Prozent durchschnittliche Steigung) im Profil. Auf den letzten drei Kilometern müssen die Profis noch die Rue Naniot bezwingen - ein Abschnitt der zwar nur 550 Meter lang ist, aber auf einer engen und mit Kopfsteinpflaster bedeckten Straße den Fahrern alles abverlangt.
In diesem Jahr nimmt Simon Geschke (Giant-Alpecin) als einer von nur vier deutschen Profis die komplette Ardennen-Trilogie aus Amstel Gold Race, Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich in Angriff. «Mental und physisch ist es sehr hart mit nur zwei bis drei Tagen Pause zwischen so langen und schweren Eintagesrennen», beschreibt er die Strapazen dieser Woche. «Aber für Fahrertypen wie mich sind diese Rennen die größten Ziele im Frühjahr. Sie haben eine große Geschichte. Die besten Klassikerfahrer messen sich dort auf ihrem Terrain und es ist ein anderes Peloton als zum Beispiel bei Paris-Nizza oder den flämischen Klassikern», erklärt der 30-jährige die Faszination der Ardennen.
Neben Geschke bestreiten auch Teamkollege Johannes Fröhlinger, Routinier Paul Martens (LottoNL-Jumbo) und Björn Thurau alle drei Ardennen-Rennen. Der 27-jährige, der in dieser Saison für das belgische Team Wanty-Groupe Gobert fährt, startet zum zweiten Mal in Lüttich und rückt gerade hier aufgrund seines Namens in den Blickpunkt. Vater Dietrich Thurau ist es 1979 als letzter Deutscher gelungen, La Doyenne zu gewinnen. Mit einer ähnlichen Attacke wie Thurau stand Jens Voigt im Jahr 2005 kurz vor einer Überraschung. Letztlich unterlag er im Sprint seinem Fluchtkollegen, sorgte aber für die einzige deutsche Podiumsplatzierung bei den letzten 35 Ausgaben des Rennens.
In diesem Jahr werden die deutschen Fahrer nur Außenseiterchancen auf das Podium haben. Mit Christopher Froome (Sky), Alejandro Valverde (Movistar) und Vincenzo Nibali (Astana) sind drei der besten vier Fahrer der Tour de France 2015 gemeldet. Valverde hat bereits am Mittwoch beim Flèche Wallonne eindrucksvoll seine Form bewiesen und sich mit seinem vierten Sieg in die Geschichtsbücher des Rennens eingetragen. Daniel Martin, Sieger von 2013, strebt in seinem neuen Team Etixx-QuickStep ebenso ein Top-Resultat an, wie sein Mannschaftskollege Julian Alaphilippe. Der erst 23-jährige Franzose wurde bei der vergangenen Ausgabe nur knapp von Valverde geschlagen.