Berlin (dpa) - Lange hatte der Teamchef noch verzweifelt nach Sponsoren Ausschau gehalten, nun ist das Aus des letzten deutschen ProTour-Radrennstalls Milram wie erwartet besiegelt.
«Ich habe meine Anfrage um eine Lizenz für 2011 zurückgezogen», sagte Teammanager Gerry van Gerwen der Nachrichtenagentur dpa. Damit wird erstmals seit Anfang der 90er Jahre und dem Start des Teams Telekom keine Mannschaft aus Deutschland mehr in der Radsport-Elite vertreten sein. Überraschend kam das Milram-Aus letztendlich nicht - schon seit Monaten standen die Zeichen ganz klar auf Abschied.
Bis zuletzt hatte van Gerwen um neue Geldgeber für die seit 2006 aktive Mannschaft geworben und sogar rechtzeitig beim Weltverband UCI um eine neue Startberechtigung für die kommende Saison angesucht - vergeblich. Aus dem Land der Rudi Altigs, Jan Ullrichs und Erik Zabels wird damit zum ersten Mal seit 1991 kein Team bei der Tour de France starten.
Nur für ein Jahr, hofft van Gerwen: «Ich suche weiter einen Sponsor für 2012.» Der Niederländer ist optimistisch, in den kommenden Monaten wieder die finanzielle Basis für einen Neuanfang legen zu können. «Die Deadline ist vor der Tour de France 2011», betonte van Gerwen, dann sei ein Team 2012 realistisch. Seinen Fuhrpark - Busse und Teamwagen - will er wahrscheinlich vorsorglich nur vermieten.
Die Fahrer der Dortmunder Equipe haben sich längst nach neuen Arbeitgebern umgesehen und sind fündig geworden. Gerald Ciolek und Niki Terpstra wechseln zu QuickStep, Christian Knees, Luke Roberts und Thomas Rohregger zieht es nach Australien zu Pegasus Sports. Linus Gerdemann und Fabian Wegmann wurden schon während der Tour mit einem Team aus Luxemburg in Verbindung gebracht - wobei hinter dem neuen Rennstall um die Brüder Andy und Frank Schleck weiterhin dicke Fragezeichen stehen. Wegmann will seine neue Mannschaft bald bekanntgeben.
Wesentlich härter dürfte das Milram-Ende die Betreuer, Physiotherapeuten oder Pressesprecher treffen, knapp 60 Angestellte - darunter auch die Profis - beschäftigte van Gerwen. «Alle Verträge laufen zum 31. Dezember aus», sagte der Niederländer.
Letztendlich war es vor allem das Radsport-Dauerthema Doping, das den Sponsor Nordmilch, der schon vor langer Zeit sein Ausscheiden bekanntgab, abspringen ließ und damit das Milram-Ende einläutete. Im September war mit dem Doping-Geständnis des Belgiers Roy Sentjens ausgerechnet während der verzweifelten Sponsorensuche schließlich sogar ein Fall im Team bekanntgeworden.
Van Gerwen ist das Renommee der Sportart bewusst, für einen Neuanfang fordert er: «Wir müssen 100 Prozent auf Ethik setzen und alles im Anti-Doping-Kampf tun. Wir alle, das heißt UCI, Teams, Fahrer und Sponsoren, müssen an einem Strang ziehen.»