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Das Team Thüringer Energie braucht nach der Kündigung von Jens Lang durch den Verband ab der Saison 2012 einen neuen Trainer. Foto: Archiv
06.05.2011 13:39
Jens Lang gekündigt - Radsport in Thüringen vor Umbruch

Erfurt (rad-net) - Dem Radsport in Thüringen droht ein Umbruch. Auf Grund unterschiedlicher Vorstellungen über die weitere Zusammenarbeit hat der Thüringer Radsportverband seinem Erfolgstrainer Jens Lang den Vertrag zum 31. Oktober gekündigt. Damit ist nicht nur die Nachwuchsförderung in einem der erfolgreichsten deutschen Landesverbände in Gefahr sondern mit dem Team Thüringer Energie und der Thüringen-Rundfahrt der U23 auch das wichtigste Projekt der Eliteförderung und das wichtigste deutsche U23-Rennen.

Lang hatte mit seinem Konzept für die zukünftige Arbeit beim neuen Präsidium des Verbandes keinen Rückhalt gefunden. Nachdem die von der Verbandsspitze vorgelegten Kompromissvorschläge für ihn keine Lösung darstellten, war die Diskussion eskaliert. «Das sind Kompromisse, die uns nicht weiter bringen. Leistungssport und Erfolg ist mit Kompromissen nicht machbar. Ich lasse mich nicht verbiegen», so Lang gegenüber «rad-net».

Zu den zentralen Forderungen des Erfolgstrainers, der von den regionalen Medien in der Liste der «100 wichtigsten Thüringer» gezählt wird, hatten finanzielle Transparenz, eine personelle und strukturelle Neuorientierung der Geschäftsstelle, sowie eine Trennung des Bereiches Nachwuchsleistungssport von der Verbandsarbeit gehört. «Unter diesen Bedingungen hätten wir weiter arbeiten können», so Lang. Aus Sicht des Verbandes «ungerechtfertigte Forderungen», wie Bernd Freytag, Leiter der Geschäftsstelle des Thüringer Radsportverbandes am gestrigen Abend in einer schriftlichen Presserklärung mitteilte. «Die durch die Medien verbreiteten Darstellungen wie fehlender Transparenz des Haushaltes des Thüringer Radsportverbandes, keine klare Trennung der finanziellen Mittel in die Bereiche Nachwuchsleistungssport und Verbandsarbeit und fehlende Eigenverantwortung sind grundsätzlich falsch und entsprechen nicht den Tatsachen», heißt es darin. Entsprechend habe man auch auf dem Verbandstag am 12. März Stellung genommen.

Die Meinungsverschiedenheiten zur Zukunft der Arbeit in Thüringen schwelen schon länger. Zunächst hatte es danach ausgesehen, als sei eine Lösung zu finden. Rolf Beilschmidt, Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Thüringen, der Langs Trainerstelle finanziert, hatte Lang noch Rückendeckung signalisiert. Auch Uwe Jahn, neu gewählter Vorstand des Thüringer Radsport-Verbandes hatte mitgeteilt, man plane die Zukunft gemeinsam: «Wir wollen gemeinsame die Konzepte umsetzen, es sind nur Nichtigkeiten», so Jahn im Frühjahr. Über diese «Nichtigkeiten» ist man nun offenbar nicht hinweg gekommen. Vor Ostern sprach der Vorstand des Radsportverbandes seinem Trainer eine ordentliche Kündigung aus. Das sei «die beste Lösung für den Radsport aufgrund der Tatsachen» gewesen, so Jahn. Lang zeigte sich über diese Entscheidung schwer enttäuscht.

Wie es nun im Thüringer Radsport weiter geht, ist noch offen. Bis Oktober wird Lang für den Nachwuchs zuständig sein. Unabhängig von seiner eigenen Zukunft will sich der 43-Jährige auf diese Aufgabe auch voll konzentrieren. «Wir sind mitten in der Saison und in der Endvorbereitung auf die ersten Höhepunkte wie die Thüringen-Rundfahrt», so Lang. Wichtig sei es, jetzt zunächst Ruhe zu bekommen. «Es sind doch alle verunsichert, auch die Sportler. Daher müssen wir uns jetzt auf den Sport konzentrieren. Unsere Ziele sind die Deutschen Meisterschaften und dann die Weltmeisterschaften. Dafür müssen wir uns in den kommenden Wochen mit guten Leistungen anbieten.» Lang hatte in der Vergangenheit unter anderem Sportler wie Tony Martin, John Degenkolb oder Patrick Gretsch begleitet und betreut.

Jörg Werner, Chef der Teamspirit GmbH, die in engem Kontakt mit dem Verband sowohl die Thüringen-Rundfahrt organisiert als auch das Team Thüringer Energie betreibt, beschrieb die aktuelle Situation als «katastrophal». Gegenüber den Medien stärkte er zuletzt dem Trainer immer den Rücken: «Ich stehe zu 100 Prozent zu den Forderungen von Jens. Die Lösungen, die da angeboten worden sind, hätten null an der Situation geändert. Wir haben es in der Vergangenheit geschafft, dass aus allen Bundesländern viele Aktive zu uns gekommen sind. Unser Ziel war - auch wegen der Doping-Prävention - junge, leistungsstarke Fahrer zu zentralisieren. Und Vergangenheit und Gegenwart zeigen, dass wir mit unserer Strategie erfolgreich waren und sind», so Werner. «Unsere Forderung ist, mehr Geld für den Sport, weniger für die Verwaltung.» Das war allerdings offenbar nicht durchsetzbar. Für die langfristige Trainingsbetreuung seiner Athleten, mit denen er derzeit bei der italienischen Rundfahrt Giro Ciclistico della regione Friuli Venezia Giulia unterwegs wird, muss er nun eine neue Lösung finden.

Um seinen Haupt- und Titelsponsor muss sich Werner aber offenbar noch keine großen Sorgen machen. EON ist weiter an einem Engagement im Radsport interessiert: Man habe ein hohes Interesse, weiter in Thüringen präsent zu sein, so Mark Poltermann, Bereichsleiter Marketing des Energiekonzerns, gegenüber dem MDR. Die Sponsoring-Verträge laufen bis Jahresende. «Wir werden uns im Herbst zusammen setzen und spätestens dann muss der Verband aber auch das Thüringer Energie-Team eine tragfähige Lösung vorstellen», so Poltermann.

Über die Neubesetzung der Stelle des Leistungssportkoordinators, so der offizielle Titel von Lang, will sich der Thüringer Radsportverband «in Kürze verständigen». Ansonsten werde «das Präsidium wird am bestehenden Leistungssport-, sowie Regionalkonzept bis 2012 konsequent festhalten.»


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