Oudenaarde (dpa) - John Degenkolb hatte sein Lachen schnell wiedergefunden. Auch wenn es bei der 99. Flandern-Rundfahrt nicht zu seinem zweiten Klassikersieg reichte, konnte der Thüringer auch mit dem siebten Platz gut leben.
«Es war ein superschweres Rennen. Man muss topfit sein, ein bisschen Glück haben und den richtigen Moment erwischen, um hier zu gewinnen. Das hat nicht ganz funktioniert», sagte Degenkolb. Zwei Wochen nach seinem Triumph bei Mailand-Sanremo rollte er diesmal 48 Sekunden nach dem norwegischen Sieger Alexander Kristoff über den Zielstrich.
Die Attacke von Kristoff und Niki Terpstra gut 28 Kilometer vor dem Ziel habe er «als nicht so gravierend» eingeschätzt und damit unterschätzt. Das Duo ließ sich aber auch am Oude Kwaremont und dem Paterberg, den letzten beiden von 19 giftigen Anstiegen («Hellingen») nicht mehr einholen. Daraus müsse man lernen, meinte Degenkolb, der nach 264,2 Kilometern von Brügge nach Oudenaarde immerhin den Sprint der Verfolgergruppe gewann. «Das lässt hoffen für Paris-Roubaix», betonte der 26-Jährige vom Team Giant-Alpecin mit Blick auf sein Lieblingsrennen am nächsten Sonntag. Die Mannschaft sei besser als im vergangenen Jahr gefahren, betonte Degenkolb, auch wenn er im Finale auf sich allein gestellt war.
Damit bleiben Rudi Altig (1964) und Steffen Wesemann (2004) die einzigen deutschen Sieger bei der «Ronde», die auch wieder zu einem großen Radsport-Volksfest mit Hunderttausenden Zuschauern wurde.
Der Mann der Stunde heißt Kristoff, der als erster Norweger in Flandern triumphierte und seinen fünften Sieg innerhalb einer Woche einfuhr. «Am Schluss hat Terpstra nicht mehr mitgearbeitet, aber es hat gereicht. Unsere Taktik mit einem frühen Angriff von mir ist aufgegangen. Am nächsten Sonntag in Roubaix werde ich es noch mal versuchen», sagte Kristoff mit seinem Sohn auf dem Schoß.
Im Verlauf des Rennens war es zum Taktieren der Favoriten gekommen, was wohl auch am Fehlen des Vorjahressiegers Fabian Cancellara lag. Der Schweizer hatte in den vergangenen Jahren das Rennen stets schwer gemacht, musste aber diesmal passen, nachdem er beim E3-Preis Harelbeke jüngst zwei Brüche im Lendenwirbelbereich erlitten hatte. Da auch der dreimalige Sieger Tom Boonen verletzt fehlte, war im Belgier Stijn Devolder nur ein früherer Flandern-Sieger dabei.
Lange Zeit war eine kleine Gruppe an der Spitze vorneweg gefahren. Bereits nach 18 Kilometern hatten die Ausreißer attackiert. Der Gruppe gehörten auch der Schwarzwälder Ralf Matzka vom deutschen Team Bora-Argon und der Neuseeländer Jesse Sergent an. Für Sergent war der Fluchtversuch aber 106 Kilometer vor dem Ziel unsanft zu Ende gegangen, als er von einem überholenden Materialwagen regelrecht abgeräumt worden war. Sergent musste das Rennen mit Verdacht auf einen Schlüsselbeinbruch beenden.
Es war nicht der einzige Zwischenfall des Rennens. Gut 20 Kilometer später ging ein weiterer Fahrer zu Boden, als es zu einem Auffahrunfall zwischen einem Materialwagen und dem Teamfahrzeug des Rennstalls Fdjeux kam. Der jüngere Bruder von Sylvain Chavanel hatte sich in der Situation gerade beim Begleitauto aufgehalten.
Sehr offensiv fuhr der deutsche Sprinter André Greipel, der sich immer wieder an der Spitze des Feldes zeigte, selber attackierte und in seinem Lotto-Soudal-Team wichtige Helferdienste leistete. In die Entscheidung konnte Greipel nicht mehr eingreifen, dafür war das Terrain nach dem beeindruckenden Kraftakt des Deutschen Meisters zu schwer.