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Simon Gegenheimer (re.) wurde im Sprint-Weltcup Gesamtzweiter und will auch bei der WM vorn dabei sein. Foto: Marius Maasewerd/EGO Promotion
01.09.2014 14:34
Interview mit Simon Gegenheimer: Keine Angst vor großen Namen

Méribel (rad-net) - Mit dem zweiten Platz hat Simon Gegenheimer (Rose-Vaujany fueled by ultraSPORTS) das Weltcup-Finale im Eliminator Sprint abgeschlossen. Der 25-Jährige wurde auch Gesamt-Zweiter.

Wir haben uns in Méribel mit dem Nordbadener aus Remchingen unterhalten. Im Interview spricht er mit «rad-net» über die Fähigkeiten eines Sprinters, das entstandene Selbstbewusstsein, die Disziplin an sich und seine Pläne für die Zukunft, nachdem der Radsport-Weltverband die Disziplin nach nur drei Jahren wieder aus Kostengründen wieder aus dem Weltcup-Programm kippt. Und über die nahe Zukunft, die da heißt: Weltmeisterschaft in Hafjell, wo er - auf einem anderen Kurs - 2013 seinen ersten von zwei Weltcup-Siegen gefeiert hat.

Simon, erst mal Glückwünsch zum zweiten Platz beim Finale und zum zweiten Platz in der Gesamtwertung, wie im letzten Jahr. Ärgert es dich aber trotzdem, dass es nicht ganz nach vorne gereicht hat? Auch wenn man an den verpassten Start in Albstadt denkt, wo ihr zu spät zum Transponder abholen gekommen seid?
Nein, eigentlich nicht. Es war ja nicht nur Albstadt, es war ja auch der Sturz in Nove Mesto und der Sturz in Cairns. Ich bin danach ganz anders an die Weltcups heran gegangen. Wer weiß, wie ich die Rennen angegangen hätte, wenn ich im Gesamtklassement die paar Plätze weiter vorne gewesen wäre. Das ist reine Spekulation. Am Ende habe ich das Ergebnis von 2013 bestätigt, ich bin zweitbester Sprinter der Welt, ich kann eigentlich nur glücklich sein. Das wäre Ärgern auf hohem Niveau, wenn man sich dann ärgern will (lacht).

Der vorerst letzte Eliminator-Weltcup ist Geschichte. Wie hat sich die Disziplin aus Deiner Sicht entwickelt?
Ich finde, er hat sich sehr gut entwickelt. Wenn ich an den Anfang in Houffalize zurückdenke, da hatte es keine Zuschauer und alle haben gemeckert. Die Strecke war auch nicht gut. Aber es haben sich mit der Zeit verschiedene Fahrertypen entwickelt, Persönlichkeiten die sich heraus kristallisiert haben. Die Zuschauer haben es angenommen. Sicher hatten wir nicht so viele, wie im Cross-Country, aber das lag auch daran, dass es am Freitag war. Was die TV-Übertragungen angeht, habe ich sehr viel positive Rückmeldungen bekommen, von Freunden, Fans, aber auch von Sponsoren. Es war immer spannend, auch bei den Frauen. Man hat echt gerne zugeschaut. Es waren Abwechslung in den Strecken und jedes Mal andere Qualitäten gefragt. Aber leider scheiterte es an der Kohle.

Zu Beginn hatte man häufiger Straßen, bzw. Innenstadt-Kurse. Dieses Jahr waren es nur noch mountainbike-typische Offroad-Strecken...
...und trotzdem breite Trassen zum Überholen. Am Anfang hat man immer gesagt, in der Stadt ist es gut, weil es breit genug ist zum Überholen. Jetzt sind die Kurse im Gelände auch zum Überholen geeignet, wenn man stärker war. Natürlich waren die Stärksten immer vorne, aber das ist ja wie im Cross-Country. Wenn der (Nino) Schurter vorne ist, dann ist das Überholen schwer. Aber man konnte und deshalb war es auch spannend.

Würdest Du sagen, es hat auch sportlich eine Entwicklung gegeben - im Sinne von Taktik und wie man Überholmanöver gestaltet und so weiter?
Auf jeden Fall. Ich habe mich vor allem taktisch weiter entwickelt, ich denke auch die anderen Topsprinter. Wir hatten am Anfang noch ein bisschen Angst vor den Cross-Country-Fahrern wie Ralph Näf oder Manuel Fumic, wenn die am Start waren.

Warum?
Weil wir wussten, dass die richtig schnell Rad fahren können. Jetzt ist das vielleicht anders herum. Deshalb sind Fumic & Co möglicherweise auch nicht mehr gefahren, weil sie Angst hatten von uns geschlagen zu werden und nicht aufs Podium zu kommen. Weil das der Sponsor vielleicht erwartet. Inzwischen bin ich im Achtelfinale am Start gestanden und hatte keine Angst mehr. Ich wusste, die richtig harten Läufe kommen noch im Halbfinale und im Finale. So bin ich auch rein gegangen, Achtel- und Viertel-Finale waren mehr oder weniger fürs Warm fahren. Das war taktisch ganz anders. Aber ich habe zwei, drei Jahre dafür gebraucht.

Wie würdest Du jetzt die wichtigsten Fähigkeiten eines guten Sprinters beschreiben? Kann man das überhaupt so sagen oder variiert das von Kurs zu Kurs?
Antritt war immer wichtig. Damit konntest du den anderen deinen Speed aufdrängen. Das ist mir, glaube ich, ganz gut gelungen. So kannst du es anderen schwer machen zu überholen. Sie müssen dann antreten, wenn du antrittst. Den Antritt habe ich am Ende gar nicht mehr trainiert. Den hast du oder hast ihn nicht. Dann war es eher die Aufgabe in jedem Gelände zwei Minuten schnell Rad fahren zu können und das auch zu verkraften. Das heißt noch mal zwei Minuten schnell fahren zu können.

Es war ja nicht selten so, dass es Leute mit schneller Qualifikations-Zeit gab, die dann aber doch raus geflogen sind, weil sie langsamer wurden.
Ja. Ich war in der Quali immer am Limit, aber hatte selten eine gute Quali-Zeit. Aber ich konnte wahrscheinlich im Finale noch immer so schnell fahren wie am Anfang. Auch wichtig ist, dass man über Hindernisse schnell und gleichzeitig Kraft sparend drüber kommt. Das ist noch mal anders, als im Cross-Country. Hier in Méribel war auch die Reaktions-Fähigkeit von Bedeutung. Es hat in der Steilkurve fast immer geknallt. Da ist immer was passiert. Dann musstest immer reagieren, eine andere Linie wählen, drüber springen oder irgendwas. Wenn du das eine halbe Sekunde verpennt hast, dann warst du Vierter.

Ist das mehr Intuition oder mehr Erfahrung?
Ich würde sagen beides. (Überlegt). Obwohl, wenn ich an meinen allerersten Weltcup in Houffalize denke, da im Halbfinale so eine Situation. Da ist Gallagher die Kette runter gesprungen und zwei sind in ihn rein. Ich habe es am schnellsten gecheckt, bin runter vom Rad und drüber gesprungen. Oder beim Weltcup in Mont Sainte Anne vor drei Wochen, da war es so mit Federspiel. Ich habe gesehen, er fährt Innen-Linie. Ich bin sofort raus, weil ich wusste, wenn ihm was passiert, bin ich vorbei. So war es dann auch. Das musst du halt in Sekundenbruchteilen entscheiden.

Also mehr Intuition.
Ja.

Die Top-Teams haben sich bei den Herren ja mehr und mehr raus gezogen. Was würdest du sagen, hätte man anders machen müssen, damit man die in dem Wettbewerb halten kann? Wäre das überhaupt gegangen?
Man hätte vieles anders machen können, aber die Frage ist, warum? Am Anfang haben Fumic, Näf, Fontana gezeigt, dass sie mitfahren können. Näf ist ja Weltmeister geworden und das obwohl er am Tag vorher Cross-Country gefahren ist. Also, sie hätten mithalten können. Aber dafür brauchst du auf Dauer Rennen um Erfahrung zu sammeln. Wir haben sie gesammelt und sind deshalb besser geworden. Dann hatten sie vielleicht auch nicht mehr das Selbstvertrauen, um mitzuhalten. Ich denke das Format war am Ende perfekt, man hätte nur den Anreiz erhöhen müssen. Ein Gesamtweltcup aus verschiedenen Disziplinen, Sprint, Crosscountry, eventuell auch noch Marathon und Enduro wäre meiner Ansicht nach eine großartig zu vermarktende Idee, welche am Ende den komplettesten Mountainbiker küren würde.

Wenn man die Läufe ein wenig länger gemacht hätte, zweieinhalb bis drei Minuten vielleicht?
War es ja zum Teil. Hafjell letztes Jahr waren zweieinhalb.

Verändert das was?
Taktisch ja. Da verschiebt sich halt der Start-Antritt auf den Schluss-Antritt, dann wird der entscheidender.

Jetzt ist das mit dem Eliminator-Weltcup erst mal vorbei. Du hast deine größten Erfolge im Sprint gehabt. Wie geht es jetzt weiter für Dich?
(Lacht). Jetzt kommt erst mal die WM. Dort gilt es endlich die internationale Medaille zu holen. Natürlich, wenn man im Finale steht, will man nicht irgendeine, sondern die eine Medaille. Aber das habe ich bisher noch nicht geschafft. Das ist das einzige, was mir noch fehlt im Sprint. Tja, und dann geht es nächstes Jahr weiter. Ich habe meinen Vertrag verlängert und den habe ich nicht bekommen weil ich ein guter Sprinter bin, sondern weil ich ein guter Allrounder bin und schon öfter gezeigt habe, dass man mich überall einsetzen kann. Sprint, Cross-Country, Marathon, Etappenrennen, dieses Jahr bin ich auch schon Enduro-Rennen gefahren und war da gar nicht so schlecht. Ich denke, wir werde nächstes Jahr viele Cross-Country-Rennen fahren, auch den ganzen Weltcup. Dann schauen wir mal, was sie von mir wollen.

Es hängt also vom Sponsor ab...
...vom Team. Ich kann da schon mit entscheiden. Aber wie gesagt, ich bin kein Sprinter, kein Cross-Country-Fahrer, ich bin Mountainbiker. Ich habe überall Spaß. Man sieht ja jetzt im Enduro, es gibt immer wieder neue Facetten, die sich öffnen. Wir wollen überall die Nase rein halten und schauen, was da läuft. So wie mit der Marathon, World Series, im Sprint und im Enduro haben wir ja auch drei Fahrer. So wird es bei mir auch sein. Aber auf jeden Fall Cross-Country.

Wirst du dann im Trainings-Aufbau deinen Schwerpunkt etwas verlagern?
Ein bisschen vielleicht, aber grundsätzlich habe ich immer viel Ausdauer trainiert. Ich werde mich nicht viel umstellen müssen. Vielleicht ein wenig Startphasen-Training.

Das bringst du doch vom Sprint mit, oder nicht?
Das ist ganz anders. Ich bin ja alle Cross-Country-Weltcups gefahren, das ist noch mal was anderes.

Wirst du die Sprint-Sache ganz ad acta legen oder vielleicht bei einem Bundesliga-Sprint auftauchen? Weil es ja nach wie vor EM und WM im Sprint geben wird.
(Schmunzelt). Klar ist, wenn ich nächste Woche aus Hafjell mit dem Trikot heimkomme, will ich das auch präsentieren. Aber die andere Sache ist, wir sagen schon immer: wir sind ein Weltcup-Team und präsentieren uns auf höchstem Niveau, was ja der Weltcup ist. Wenn wir mal Bundesliga fahren, dann ist das Training für uns. So wird das auch in Zukunft bleiben. Wenn der Sprint 2015 nicht mehr weltcuptauglich ist, ich und mein Team, wir sind es noch, unabhängig von der Disziplin. Wir gehen mit der Zeit und werden auch in den kommenden Jahren Weltcupnummern an unsere Bikes montieren.

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