Frankfurt (rad-net) - Kersten Thiele gehört zum deutschen Bahnvierer, der im August in Rio in der Mannschaftsverfolgung zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder an den Start gehen wird. Thiele und seine Teamkollegen vom rad-net ROSE Team wollen dort wieder in die Weltspitze vordringen.
Sein Entschluss stand schon früh fest: «Irgendwann werde ich einmal Tour de France-Weltmeister», war Kersten Thiele als siebenjähriger Knirps überzeugt. Auf seiner Internetseite hat der deutsche Olympia-Teilnehmer seine lustigen Zukunftsaussichten erklärt. Im Laufe seiner Radsport-Jahre hat Thiele seinen Traum relativiert: «Ich bin mit genug Talent und Willen gesegnet, um an Olympischen Spielen teilnehmen zu wollen.» Geschafft! Der 23-Jährige wird in Rio de Janeiro im deutschen Bahnvierer am Start stehen.
Geboren in Göttingen, aufgewachsen im badischen Eschelbach (bei Sinsheim), hat sich Kersten Thiele also schon sehr früh mit dem Radsport-Virus infiziert. Seine Eltern fuhren mit ihm in die Alpen oder Vogesen, um die Helden der Tour de France anzufeuern. Danach war der kleine Kersten nicht mehr zu halten: «Ich bin die ganze Zeit mit dem Mountainbike durch unser Dorf gefahren und wollte unbedingt in einen Radsportverein», erzählt Thiele. Da in direkter Nähe keiner war, begann er seine Radsport-Karriere beim RSV Edelweiß Oberhausen. Mit 9 saß er zum ersten Mal auf dem Rennrad - auf der Radrennbahn in Oberhausen. Thiele lacht: «Da hatte ich noch richtig Angst vor den Steilkurven. Jetzt zum Glück nicht mehr...»
Denn jetzt ist er neben Domenic Weinstein (21) und Nils Schomber (22) einer der «jungen Wilden» im deutschen Bahnvierer, der in Rio in Medaillennähe fahren möchte. Zusammen mit Anfahrer Henning Bommel (33). Der Leitwolf im Team? «Manchmal ist er schon ein bisschen väterlich», sagt Thiele. «Aber wir brauchen keinen Leitwolf oder Chef, wir sind als Team zusammen gewachsen. Und jeder hat seine feste Position im Vierer.»
Für Thiele ist das die Nummer drei am Start. «Wie auch Domenic zähle ich nicht zu den richtig schnellen Anfahrern, da fehlt die Explosivität. Aber hinten raus können wir den Vierer dauerhaft auf Schwung bringen», erklärt Thiele, der 2011 als zweifacher WM-Dritter im Junioren-Vierer vom RSV Edelweiß Oberhausen zum Thüringer Energie Team und dortigen Trainer Jens Lang wechselte. Die nächste Station war das LKT-Team Brandenburg (2012). Seit 2013 fährt Kersten Thiele für das rad-net ROSE Team.
Der 23-Jährige hat seinen ursprünglichen Traum von einer Olympia-Medaille nicht aufgegeben, aber seine persönliche Zielsetzung der Realität angepasst. «Nach Platz sechs bei der WM in Paris war ich doch ein wenig ernüchtert. Das war nicht ganz das, wo wir hinwollten. Die anderen Nationen haben sich aber erstaunlich weiter entwickelt.» Die Aussichten für Rio beschreibt er jetzt etwas verhaltener: «Platz fünf ist drin, das Kleine Finale unser Ziel, eine Medaille traumhaft.»
Mit dem Olympia-Ticket im Gepäck, geht Thiele jetzt die entscheidenden Wochen vor Olympia viel entspannter an: «Dass man jetzt nicht mehr unter Dauerbeobachtung steht und permanent um den Startplatz kämpfen muss, ist natürlich ein Vorteil. Da kann man sich auch mal einen schlechten Trainingstag erlauben», gibt Thiele zu. Und man kann auch etwas anderes ausprobieren. Zum Beispiel? Thiele: «Neue Führungsdistanzen ausprobieren, vielleicht mal eineinhalb oder zwei Runden führen.»
Gedanklich ist das deutsche Ausdauer-Ass noch nicht so richtig in Rio de Janeiro angekommen. Thiele: «Ab und zu denke ich dran. Die Eröffnungsfeier wird sicher ein krasses Erlebnis. Wenn man da ist, wird man aber wohl erst richtig merken, was es bedeutet, bei Olympia dabei zu sein.»
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