Frankfurt (rad-net) - Der Druck steigt mit jedem sieglosen Rennen, doch Deutschlands Radsport-Hoffnung Linus Gerdemann lässt sich von der öffentlichen Kritik nicht aus der Ruhe bringen. «Wir haben alles andere als eine Krise», sagte der Fahrer vom Team Milram vor dem deutschen Radklassiker in Frankfurt am Freitag. Das früher als «Rund um den Henninger Turm» bekannte Rennen findet nach dem Rückzug des Hauptsponsors erstmals unter dem etwas sperrigen Namen Eschborn-Frankfurt City Loop (EFCL) statt. «Natürlich fehlt uns ein richtiger Sieg, aber wir fahren doch nicht hinterher. Das ist Blödsinn», sagte der 26-Jährige vor der Bewährungsprobe in der Heimat über 190,8 Kilometer.
Bei der in Deutschland zu den letzten Überlebenden zählenden Traditionsveranstaltung werden Gerdemann und Co. am «Tag der Arbeit» extrem viel Schweiß vergießen, stehen sie als einziges deutsches Pro- Tour-Team doch unter besonderer Beobachtung. «Wir können in Frankfurt eigentlich nur verlieren. Alle erwarten einen Sieg von uns», beschreibt Team-Manager Gerry van Gerwen die hohe Erwartungshaltung an seine Equipe.
25 Siege hatte der Niederländer vor der Saison gefordert, bislang stehen jedoch erst zwei mickrige Podestplätze zu Buche. «Als wir in die Saison gestartet sind, hat jeder gesagt, man sind wir stark. Wer soll uns schlagen?», erinnert sich der Milram-Boss an die Euphorie im Team. Irgendwie seien die Fahrer dann aber nicht in Schwung gekommen. Inzwischen sieht van Gerwen seine Mannschaft wieder auf einem guten Weg. «Auch wenn uns bei den Ardennen-Klassikern kein Sieg gelungen ist, war ein Aufwärtstrend zu erkennen», sagte der 56-Jährige.
In Frankfurt schickt der Teamchef neben Gerdemann noch Gerald Ciolek, Fabian Wegmann und Christian Knees ins Rennen. «Wir sind sehr gut aufgestellt, müssen aber höllisch aufpassen, dass wir im Rennen keine Aktion verpassen. Die Konkurrenz ist schließlich stark», sagte Knees, der beim Amstel Gold Race vor zehn Tagen als Elfter seine gute Form nachwies. Allen voran das dänische Saxo Bank Team mit den luxemburgischen Brüdern Andy und Frank Schleck sowie dem niederländischen Vorjahressieger Karsten Kroon will der Milram- Auswahl den Sieg streitig machen.
«Einen Favoriten zu nennen ist sehr schwer, doch Andy Schleck ist schon in absoluter Topform», sagte Rennchef Bernd Moos-Achenbach über den 23-Jährigen, der am vergangenen Sonntag den Klassiker Lüttich- Bastogne-Lüttich für sich entschied. Auch Gerdemann zeigt Respekt vor dem Gesamtzweiten des Giro d'Italia 2007. «Andy hat das wohl schwerste Eintagesrennen der Welt gewonnen. Er ist super drauf.» Dennoch ist der gebürtige Münsteraner zuversichtlich, am Freitag gegen 16.15 Uhr im Frankfurter Stadtteil Riedberg ganz vorne zu landen. «Die Form stimmt. Ich will mich vor den deutschen Fans zeigen.»
Dies gilt in besonderer Form auch für Patrik Sinkewitz. Der Doping-Kronzeuge hat sein um 11.30 Uhr in Eschborn startendes Heimrennen als Saisonhöhepunkt bezeichnet und hofft insgeheim auf die Wiederholung des Sieges von vor zwei Jahren, nach dem er wenig später jedoch des Dopings überführt wurde. «Ich freue mich riesig auf das Rennen. Ich bin gut drauf und fühle mich für den Klassiker gerüstet», sagte Sinkewitz, der zuletzt mit seinem zweitklassigen Team PSK Whirlpool in Italien unterwegs war und bei der Rundfahrt Giro del Trentino den 46. Rang der Gesamtwertung belegte.