Frankfurt (rad-net/dpa) - Stephan Netzle, Richter am Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne, übernimmt den Vorsitz der unabhängigen Anti-Doping-Kommission des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Dies teilte BDR-Präsident Rudolf Scharping in Frankfurt mit. Stephan Netzle ist Jurist mit internationaler Ausbildung und Abschlüssen in der Schweiz und in den USA. Seit 1991 ist Mitglied im Schiedsgericht des Sports in Lausanne sowie in verschiedenen anderen juristischen Tätigkeiten des internationalen Sports.
Außerdem gehören der ehemalige Schwimm-Olympiasieger und Weltmeister Michael Groß, Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer, der Kanu-Weltverbands-Präsident Ulrich Feldhoff, der Mediziner Fritz Sörgel und der Sportbiologe Dirk Clasing sowie der ehemalige Bundesminister Kurt Bodewig dem Gremium an. «Der BDR kann es sich schlicht nicht leisten, sich nicht aktiv um Aufklärung zu kümmern», erklärte Netzle die Bemühungen, Licht in das Doping-Dunkel im Radsport zu bekommen. «Es ist ein Muss, dass man selbst die Initiative ergreift.»
Ziel sei es nicht, im Sinne einer Staatsanwaltschaft oder der Polizei dem einzelnen Fahrer «auf die Schliche zu kommen, damit er bestraft wird. Wenn unser Bericht bei möglichen disziplinarischen Maßnahmen hilft, umso besser», betonte Netzle. «Ich hoffe sehr, dass die Kommission Erkenntnisse sammelt, die in gerichtlichen Verfahren eine Rolle spielen», ergänzte BDR-Chef Scharping. Aufgabe des Gremiums, dessen Gründung am 26. Mai beschlossen worden war, das System des Dopings im Radsport besser zu verstehen. «Wir müssen herausfinden, was wir zur Anti-Doping-Politik noch hinzufügen können», sagte Scharping.
Untersützt wird die Kommission durch Berater, deren Kreis unter Umständen noch erweitert werden soll, um zum Beispiel Erfahrungen aus dem Kampf gegen Korruption auch auch zum Anti-Doping-Kampf zu nutzen. Die Kommission arbeitet unabhängig, hat das Recht alle ihr geeignet erscheinenden Zeugen zu hören und bekommt ein Sekretariat aus Kräften des Bund Deutscher Radfahrer zur Seite gestellt. Die Aufgaben der Kommission ergeben sich aus den Beschlüssen des BDR vom 26. Mai. Danach soll sie Praktiken des Dopings aufzeigen, Vertriebswege für Dopingpräparate aufdecken, das Netzwerk hinter den Sportlern erhellen und auch die Anti-Doping-Politik des BDR im Vergleich mit anderen Verbänden prüfen.
Der BDR wird die Arbeit der Kommission durch Nutzung seiner rechtlichen Möglichkeiten als Arbeitgeber, als Lizenzerteiler und als der für internationale Wettkämpfe nominierende Verband unterstützen.
Das heute in Berlin verabschiedete Anti-Doping-Gesetz, dem noch der Bundestag zustimmen muss, kommentierte Scharping wie folgt: „Es ist ein großer Schritt und eine starke Unterstützung in der Bekämpfung des Dopings, die wir dringend brauchen, auch um endlich die Hintermänner zur Verantwortung zu ziehen.“