Schwerin (dpa/rad-net) - Die Genugtuung war groß bei Pascal Ackermann nach seinem fulminanten Auftaktsieg bei der Deutschland-Tour vor dem Schweriner Schloss.
«Es gab viele Leute, die gezweifelt haben, dass ich noch sprinten kann. Und denen wollte ich zeigen, dass ich es kann», sagte der deutsche Topsprinter, nachdem er zum Auftakt der viertägigen Radrundfahrt bei Tempo 70 seinen persönlichen Befreiungsschlag gefeiert hatte. «Für mich war das dieses Jahr der wichtigste Sieg.»
Und einer «mit viel Wut», wie der frühere Sprintkönig Marcel Kittel als ZDF-Experte anmerkte. Der Ärger bei Ackermann war jedenfalls riesengroß, nachdem er vom Bora-hansgrohe-Team wegen schwacher Leistungen nicht für die Tour de France berücksichtigt worden war. Wäre er im ersten Halbjahr so gesprintet wie auf der ersten Etappe über 191,4 Kilometer von Stralsund nach Schwerin, hätte sich die Frage wohl nicht gestellt. Mit einem langen, kraftvollen Sprint siegte Ackermann vor seinem Landsmann Phil Bauhaus und dem Österreicher Marco Haller (beide Bahrain-Victorious). Ackermann übernahm damit auch das Rote Trikot des Gesamtersten. Routinier
Im Finale in Schwerin spielte Ackermann jedenfalls seine Endschnelligkeit aus und feierte seinen sechsten Saisonsieg. «Wir waren ein bisschen zu früh dran. Aber wir hatten viel Rückenwind und eine relativ dicke Kette. Als Sprinter muss man es durchziehen», erklärte Ackermann.
Für André Greipel (Israel Start-Up Nation) reichte es indes nicht zu einem Heimsieg. Der gebürtige Rostocker («Ich kenne hier jede Straße») hat mit der Deutschland-Tour auch seine persönliche Abschiedstournee eingeläutet. Nach 17 Profijahren und 158 Siegen ist zum Saisonende Schluss. Sogar sein langjähriger Rivale Mark Cavendish (Deceunick-Quick Step) hätte ihm den Sieg «gegönnt», wie der Sprinter dem ZDF sagte: «Ich bin aber auch hier, um das zu verhindern.» Für den Briten begann die Rundfahrt aber nicht wunschgemäß, Cavendish kam bereits früh zu Fall, was folgenlos blieb.
Bevor es zum Sprintfinale kam, durfte sich eine bis zu sechs Fahrern starke Ausreißergruppe mit Henri Uhlig (Deutschland), Jon Knolle (SKS-Sauerland NRW), Justin Wolf (Bike Aid), Joshua Huppert (Lotto-Kern Hais), Jobert Jägeler (P&S Metalltechnik) und Alex Colman (Sport Vlaanderen-Baloise) in Szene setzen. Bis zu vier Minuten fuhr die Gruppe heraus.
Allerdings behielt das Feld stets die Kontrolle. Vor allem die Teams Bora - hansgrohe, Bahrain Victorious und Israel Start-Up Nation waren vorne zu sehen. Emanuel Buchmann machte viel Tempo-Arbeit - bei zwischendurch reichlich Regen. Rund 50 Kilometer vor dem Ziel stürzte Mark Cavendish, konnte aber weiterfahren. Als das Finale näher rückte kam wieder Seitenwind auf und es bildeten sich Windstaffeln im Feld. Die Sprint- und Klassikerspezialisten zeigten sich vorne und sorgten dafür, dass der Vorsprung der Ausreißer schmilzt. Fünf Kilometer vor dem Ziel hatten die Sprinter-Teams die alte Ordnung wieder hergestellt.
Am Freitag wird die Deutschland-Tour mit der zweiten Etappe über 186,6 Kilometer von Sangerhausen nach Ilmenau fortgesetzt. Die viertägige Rundfahrt, die im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie pausieren musste, endet am Sonntag nach 720,5 Kilometer in Nürnberg.