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Mario Cipollini im Mai 2001 in einem extravaganten Rennanzug. Foto: Gero Breloer
10.02.2013 14:18
«Maria» und «Luigi» - zwei Radhelden am Abgrund

Berlin (dpa) - Die Empörung war groß bei den beiden Radsporthelden. Reflexartig beteuerten der frühere Sprintstar Mario Cipollini und der viermalige Zeitfahr-Weltmeister Fabian Cancellara ihre Unschuld.

Doch die schier unaufhaltsame Dopinglawine im Radsport hatte da schon zwei weitere schillernde Persönlichkeiten der Szene erfasst. Unter den Codenamen «Maria» und «Luigi» sollen Cipollini, der Rekord-Etappensieger beim Giro d'Italia, und Peking-Olympiasieger Cancellara auf der Kundenliste des spanischen Dopingarztes Eufemiano Fuentes aufgeführt worden sein.

Im Fall des einstigen «Super-Mario» Cipollini dokumentierte die italienische Sportzeitung «Gazzetta dello Sport» nahezu lückenlos die angeblichen Dopingaktivitäten des früheren Weltmeisters. In der Causa Cancellara hatte der geständige Dopingsünder und Armstrong-Kronzeuge Tyler Hamilton vermeintliches Insiderwissen ausgeplaudert und den Schweizer mit Fuentes in Verbindung gebracht.

«Ich weise die unbegründeten und absurden Anschuldigungen gegen meinen Mandanten zurück», teilte Cipollinis Anwalt Giuseppe Napoleone mit. Der Ex-Weltmeister sei bereit, mit den Anti-Doping-Behörden zusammenzuarbeiten und DNA-Proben abzugeben, um seine Unschuld zu beweisen. Der während seiner aktiven Zeit stets für Extravaganzen bekannte Cipollini hat Doping stets bestritten - auch als er vor einigen Jahren schon einmal unter Verdacht geraten war.

Die branchenüblichen Unschuldsbekundungen waren auch von Cancellara bei der Katar-Rundfahrt zu vernehmen. «Ich bin sauber», sagte der Klassikerspezialist. Womöglich würden ihn die Leute mit dem Codenamen «Luigi» in Verbindung bringen, weil er früher unter Luigi Cecchini - ein Sportmediziner mit zweifelhaftem Ruf, der auch einmal Jan Ullrich betreut hatte - trainiert habe. Diese Zusammenarbeit habe aber nur darauf basiert, die Leistung zu steigern, nicht die «Doping-Leistung».

Einerseits seien ihm die Hamilton-Behauptungen egal, weil er für die «richtigen Dinge in diesem Sport» stehe. Spurlos gehe das aber nicht an ihm vorüber. «Irgendwie berührt es mich, weil es mich wütend macht, dass solche Dinge herauskommen.» Es sei wie mit Alberto Contador, dem zunächst die Initialien AC auf der Fuentes-Liste zugeordnet worden waren, ehe er von den spanischen Behörden als unschuldig erklärt worden war. In seiner Heimat besitzt Cancellara einen Status wie der frühere Tennis-Weltranglisten-Erste Roger Federer.

Schuldig oder nicht - der Scherbenhaufen im Radsport wächst jedenfalls unaufhörlich an. Nahezu jeder Topfahrer aus den vergangenen zwei Jahrzehnten - egal, ob sie Cipollini, Cancellara, Lance Armstrong, Ullrich, Marco Pantani, Bjarne Riis, Tom Boonen, Erik Zabel oder Contador heißen - ist mit Doping-Schlagzeilen konfrontiert oder überführt worden.

Besonders schwerwiegend sind dabei die Anschuldigungen gegen Cipollini. Der heute 45 Jahre alte Ex-Profi soll im Jahr 2002 von Fuentes Epo, Blutkonserven, Anabolika und Hormone bekommen haben. Unter den Namen «Maria» oder «CP» sei er in seiner Kartei geführt worden, schrieb die Gazzetta. Am Sonntag legte das Blatt nach und publizierte weitere Details. Im Jahr 2001 soll es den ersten Kontakt zwischen Fuentes und Cipollini gegeben haben. In den Jahren bis 2004 soll der Italiener regelmäßig Mittel bekommen haben, was in Tabellen akribisch aufgeführt wurde.

Eine solche Übersicht veröffentlichte das Blatt für 2002, als Cipollini den Klassiker Mailand-San Remo gewann und den Titel bei der Straßen-WM in Zolder/Belgien holte. Sie zeigt, wann er - hochdosiert - vor seinen Erfolgen welche Mittel bekommen haben soll. Auch vermeintliche Überweisungen an Fuentes wurden dokumentiert, außerdem soll sich die Fax-Nummer von Cipollinis Haus in Lucca auf der Rückseite einer der Tabellen befinden. Napoleone entgegnete, dass der Sprintstar zu dieser Zeit in Monaco gewohnt habe. «Von Super Mario zu Maria», schrieb die Zeitung in Anspielung auf seinen Namen in der Kundenkartei von Fuentes.

Seine größten Erfolge feierte Cipollini um die Jahrtausendwende, als er als einer der größten Konkurrenten des deutschen Sprinters Zabel 17 Etappen bei der Tour de France und 42 beim Giro d'Italia gewann. Cipollini hatte seine Karriere 2008 beendet.

«Auch auf Mario Cipollini liegt der Schatten des Dopings», schrieb die Turiner Tageszeitung «La Stampa». Die römische «La Repubblica» meinte: «Der Mythos vom König Cipollini im Staub des Dopings.» Der Präsident von Italiens Radsportverband, Renato Di Rocco, forderte die Justiz auf, die Vorwürfe so schnell wie möglich zu prüfen. «Dieses Gift darf nicht die Gegenwart und Zukunft des Radsports verseuchen.»


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