Castiglione della Pescaia (dpa) - André Greipel jubelte aus vollem Hals, Spitzenreiter Alberto Contador musste seine Verletzungen mit Eis kühlen. Der deutsche Straßenmeister hat im zweiten Massensprint des 98. Giro d'Italia seinen ersten diesjährigen Etappensieg gefeiert.
Der 32 Jahre alte Lotto-Soudal-Kapitän verwies die Konkurrenz in Castiglione della Pescaia im Ziel der sechsten Etappe auf die Plätze. Greipel setzte sich nach 183 Kilometern locker mit einer Radlänge vor den Italienern Matteo Pelucchi und Sacha Modolo durch.
Er ließ sich auch durch einen Massensturz direkt in seinem Rücken 250 Meter vor dem Ziel nicht aus dem Rhythmus bringen. In den wurde auch Spitzenreiter Contador verwickelt, der Schürfwunden am Knie und an der Schulter davontrug. Bei der Siegerehrung konnte er sein Trikot nicht überstreifen - er winkte den Zuschauern nur damit zu.
«Wir müssen die genaue Art seiner Verletzung mit dem Teamarzt klären, bis dahin behandeln wir ihn mit Eispackungen», erklärte Saxo-Tinkoff-Manager Stefano Feltrin unmittelbar nach der Etappe. Immerhin büßte Contador am Donnerstag durch den Sturz auf der Zielgeraden keine Zeit ein, weil innerhalb der letzten drei Kilometer Zeitabstände keine Rolle spielen.
Eigentlich hatte sich Greipel diesen Erfolg bei seiner insgesamt dritten Giro-Teilnahme schon am zweiten Tag in Genua vorgenommen. Am vergangenen Sonntag hatte er den Schlussspurt aber zu früh angesetzt und gegen Elia Viviani und Moreno Hofland keine Chance.
«Mein Giro-Start am vergangenen Wochenende war nicht einfach - ich wollte unbedingt einen Etappensieg. Adam Hansen und Greg Henderson haben mich bis zur 600 Meter-Marke gebracht. Wir sind sehr glücklich über diesen Sieg», sagte Greipel, dessen Beine sich zuletzt «wie Sauerkraut» angefühlt hatten, wie er twitterte. Nach eigener Hochrechnung bieten sich ihm noch mindestens drei Chancen auf Massensprints und damit Tagessiege.
In Castiglione wartete Greipel bis zum letztmöglichen Augenblick. Dann schoss er auf der schnurgeraden Zielgeraden hervor. Der kraftvolle Topsprinter konnte es sich leisten, seine Arme zum Jubeln schon vor dem Zielstrich hochzureißen. Damit feierte er nach 2008 und 2010 den dritten Tagessieg seiner Karriere beim Giro.
Der zweifache Tour-de-France-Gewinner Contador verteidigte sein Rosa Trikot. Der 32 Jahre alte Spanier hatte die Führung überraschend bereits am Mittwoch übernommen, als er nach einer Attacke auf der 17,3 Kilometer langen Schlusssteigung nach Abetone zum ersten Mal Ernst machte. Nur die Mitfavoriten Richie Porte (Australien) und Lokalmatador Fabio Aru konnten folgen. Platz vier reichte Contador zum Griff nach Rosa, den Tagessieg auf 1382 Metern Höhe hatte sich der Slowene Jan Polanc gesichert.
Mit dem frühen Sprung an die Spitze hat Contador die erste Halbetappe auf dem Weg zum angestrebten Double aus Giro- und Toursieg hinter sich gebracht. Den Doppelsieg in einer Saison schaffte zuletzt 1998 der 2004 gestorbene Marco Pantani. Die Tour startet 33 Tage nach dem Giro-Ende am 4. Juli in Utrecht/Niederlande.