Frankfurt (rad-net) - Am Dienstag ist es soweit: Dann nominiert der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in Frankfurt die ersten Olympiastarter. Unter den Rio-Kandidaten sind auch die deutschen Bahnfahrer. Und Henning Bommel wird vermutlich dazu gehören, als Mitglied des deutschen Bahn-Vierers, der erstmals seit 2004 wieder bei Olympischen Spielen an den Start gehen wird.
Der deutsche Vierer startet 2016 wieder bei den Olympischen Spielen – nach zwei verpassten Qualifikationen. Das ist ein Teilerfolg. Auch von rad-net ROSE-Fahrer Henning Bommel, der das ehemalige deutsche Flaggschiff in Rio wieder mit auf Kurs bringen soll. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) will endlich wieder an erfolgreichere Zeiten anknüpfen. «Es ist einiges drin. Das Minimalziel ist Platz sechs», sagt Bommel. Den Traum der deutschen Mannschaftsverfolger formuliert der Berliner so: «Das Top-Resultat wäre das Kleine Finale um Bronze. Und dann sehen wir mal, was rauskommt.» Mit «wir» meint Bommel noch die jungen Wilden wie Nils Schomber oder Domenic Weinstein, die zum erweiterten Vierer-Aufgebot gehören.
Mit seinen 33 Jahren sieht sich Bommel aber nicht als Leitwolf. «Ich gehe nicht vorne weg. Wir haben eine sehr flache Hierarchie», sagt er und bezieht dabei auch Bundestrainer Sven Meyer (31) mit ein, der ebenfalls noch jünger ist. «Wir haben eine offene Kultur, die Kritik zulässt, die uns gegenseitig stark macht. Wir arbeiten miteinander», erklärt Bommel. «Wir gehen mit großem Respekt miteinander um. Das ist eine sehr familiäre Atmosphäre.» Trotzdem hat der Top-Verfolger mit seiner Erfahrung natürlich einen besonderen Stellenwert im Team: «Sicher muss ich schon mal ein paar Entscheidungen mehr treffen als die anderen.»
Spätestens seit 2001 ist Henning Bommel in der Vierer-Szene bekannt: Bei der Junioren-WM gewann er mit Robert Bengsch, Sven Krauß und Christoph Meschenmoser Silber in der Mannschaftsverfolgung. Danach konzentrierte sich Bommel, der im brandenburgischen Finsterwalde aufwuchs, auf die Bahn («Meine Stärken habe ich in dieser Disziplin»). Ein Stück weit auch notgedrungen. Bommels U23-Zeit endete in der Flut der Dopinggeständnisse von Aldag, Zabel & Co.: «Mit dem Zusammenbruch des deutschen Profi-Radsports war es halt nicht mehr selbstverständlich, Profi zu werden. Das war nur noch den Ausnahmetalenten vorbehalten.»
Ein Ausnahmetalent war Henning Bommel nicht, aber einer mit besonderen Fähigkeiten. Auch wenn sich Bundestrainer Meyer noch nicht festgelegt hat: Als Anfahrer im deutschen Vierer dürfte Bommel gesetzt sein. Das hofft auch der Berliner: «Man muss schon flexibel bleiben. Aber jeder hat seine Paradeposition. Ich fühle mich auf der 1 wohl und habe da viel Wettkampferfahrung.» Über 1000 Watt werden in der Startphase vom Viererfahrer gefordert. «Man muss den Vierer sehr schnell auf Geschwindigkeit bringen, dabei aber auch gleichmäßig und homogen», erklärt Bommel. Dass er das kann, bewies er bei der WM 2015, als er in Paris mit Reinhardt, Weinstein und Thiele WM-Vierter wurde und den Deutschen Rekord auf 3:57,166 Minuten schraubte.
Jetzt sieht Bommel seinen ersten Olympischen Spielen entgegen. Ganz gelassen, von Vorfreude auf die besondere Atmosphäre in Rio kaum eine Spur: «Es wird noch ein sehr langer, harter Weg. Für Träumerei haben wir keine Zeit.» Sein Fokus liegt völlig auf der Entscheidung in der 4000-Meter-Mannschaftsverfolgung: «Dann wollen wir den besten Lauf unseres Lebens fahren.»
Go for Rio: Die Olympiakandidaten des BDR