Tignes (dpa) - Eigentlich hat die Tour de France nichts mit Zirkus zu tun. Bei Peter Sagan ist das anders. Der dreimalige Weltmeister vom deutschen Bora-hansgrohe-Team zieht beim größten und wichtigsten Radrennen der Welt die Aufmerksamkeit maximal auf sich.
In den knüppelharten Pyrenäen signiert er bergauffahrend eine Autobiografie für einen Fan, beim Zeitfahren absolviert er die finalen Meter als Wheelie auf einem Rad, schon vor dem Ziel klatscht er die ihn feiernden Zuschauer ab. Und trotz aller locker gemeinten Sperenzchen dürfte Sagan am Sonntag zum siebten Mal im Grünen Trikot nach Paris fahren und damit Erik Zabels Bestmarke endgültig knacken.
«Peter ist der teuerste Fahrer im Feld und jeden Cent wert. Niemand ist in der Öffentlichkeit so präsent», sagte sein Teamchef Ralph Denk über den 29 Jahre alten Slowaken. Am Bora-Bus warten die zahlreichen Anhänger nicht auf den deutschen Tour-Durchstarter Emanuel Buchmann, sondern immer nur auf Superstar Sagan. Buchmann sagt: «Den meisten Druck hat Peter. Er kriegt am meisten Geld, von ihm wird am meisten erwartet.»
Der sprintstarke Allrounder hat sich zu einer richtigen Marke im Radsport entwickelt. Wo Sagan ist, ist Action. Und wo Sagan ist, ist auch Erfolg, wie nicht zuletzt seine drei aufeinanderfolgenden WM-Titel in Richmond, Doha und Bergen von 2015 bis 2017 belegen.
Neben seiner medialen Präsenz und seiner aufreizend lockeren Art bringt er auch sportlich etwas mit, was es im Peloton in dieser Form selten gegeben hat: Die Kombination aus faszinierender Sprintstärke und großer Tempohärte an fiesen Hügeln. Die «L'Equipe» nennt Sagan gar «den Rockstar des Pelotons».
Mit solchen Vergleichen kann der Vater eines kleinen Sohnes nichts anfangen. Auch die Auflistung seiner Erfolge ist ihm zuwider. «Ich würde lieber hundert Jahre alt werden als hundert Rennen zu gewinnen», sagte er anlässlich seines Jubiläumssieges. Wenn Journalisten nach einem zweiten Platz am Mannschaftsbus auf einen genervten Sagan warten, steigt dieser frisch gestriegelt und mit breitem Grinsen aus und fängt die verdutzten Reaktionen des Pulks auf einem Video mit seinem Selfiestick ein.
Wer Top-Verdiener Sagan in seinen Rennstall holt, bekommt nicht nur einen Radprofi, sondern ein ganzes Team im Team. Der Chef beschreibt das in seinem Buch «Meine Welt» so: «Der entscheidende Punkt beim Team Peter ist, dass es sich hier um eine kleine, verschworene Gruppe hingebungsvoller Menschen handelt, deren gemeinsames Ziel es ist, Siege für mich zu sichern.» Das klappt hervorragend, schließlich hat Sagan auch die Klassiker Paris-Roubaix sowie die Flandern-Rundfahrt schon für sich entschieden. Bei der Tour holt er das siebte Grüne Trikot in acht Jahren: Nur ein Ausschluss 2017 unterbrach die Serie.
In seiner slowakischen Heimat hat der Radprofi eine eigene Akademie gegründet, um den Nachwuchs zu fördern. Dem extremen Rummel um seine Person hat er sich aber entzogen und wohnt stattdessen in Monaco. «Wenn man neben Lewis Hamilton und Ringo Starr lebt, ist man ein kleiner Fisch. Das ist der Monaco-Effekt», betont Sagan, der an der Mittelmeerküste zudem beste Trainingsbedingungen vorfindet.
Dass dem einst kleinen Bora-Rennstall aus Oberbayern der Transfercoup mit Sagan gelang, war Anfang 2017 eine Überraschung. Mittlerweile ist die Kombination bestens eingespielt. Der begehrteste Fahrer der Welt jedenfalls hat seine Zukunft klar umrissen: «Tatsächlich möchte ich den Rest meiner Karriere für Bora-hansgrohe fahren. Die Mannschaft ist ideal für mich, und es gibt keinen Grund, über einen Wechsel auch nur nachzudenken.»
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