Madrid (dpa) - Vor vier Jahren mit Schimpf und Schande verjagt - nun geläutert? Der vor allem dank einer unappetitlichen Doping-Affäre zu zweifelhaftem Ruhm gelangte Andrej Kaschetschkin ist wieder im internationalen Radsportgeschäft aufgetaucht - und glücklich.
Nach zwei Jahren Sperre wegen Fremdblutdopings und einem weiteren Jahr ohne größeren Rennstall ließ der Kasache bei der Vuelta mit einem bemerkenswerten Statement aufhorchen: Der Rückkehrer, Dritter der Vuelta 2006 und zweitbester Jungprofi bei der Tour de France 2005, hat eine deutliche Veränderung zur Zeit vor seiner Sperre ausgemacht und lobt die neue Wirksamkeit der Doping-Kontrollen.
«Heutzutage ist es leichter zu attackieren», meinte der Kasache, der seit August bei seinem alten Team Astana auf die Jagd nach Erfolgen geht. Als eine wichtige Ursache für die Veränderung macht ausgerechnet Kaschetschkin gründlichere Kontrollen aus. «Es gibt jetzt viel mehr Leute, die unter den gleichen Bedingungen trainieren. Sie sind auf einem ähnlichen Niveau und die Rennen sind spannender», sagte der 31-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.
Dass Kaschetschkin den Dopingkontrollen so viel positive Effekte zuerkennt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Nach seiner Sperre hatte er - erfolglos - den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen, um dem Radsport-Weltverband UCI unangemeldete Blut- und Urinkontrollen zu untersagen. Das sei ein Eingriff in die persönlichen Rechte, lautete seine damalige Argumentation. Heute will Kaschetschkin davon plötzlich nichts mehr wissen: «Ich habe dieses Kapitel beendet und dafür bezahlt. Jetzt beginnt ein neues Leben.»
Die zweite Volte im «neuen Leben» vollzog Kaschetschkin, als er bei seinem alten Team Astana just in dem Moment anheuerte, als Galionsfigur Alexander Winokurow wegen eines Sturzes bei der Tour seine Karriere beendete. Seit der Fremdblutdoping-Affäre der beiden stärksten Radprofis aus dem mittelasiatischen Ölstaat 2007 ist deren Verhältnis gestört. «Freunde werden die beiden nicht mehr. Das ist vorbei», meinte Astanas Sportlicher Leiter, Giuseppe Martinelli.
«Die Geldgeber von Astana wollten nach Winokurows Unfall in einen anderen starken Kasachen investieren. Für sie ist es wichtig, eine nationale Leitfigur dabeizuhaben», erklärte Martinelli. Bis zur 17. Etappe der Vuelta 2011 war es Kaschetschkin aber nicht gelungen, Bäume auszureißen. Aber das hat auch niemand von ihm erwartet. «Er war drei Jahre ohne Wettkämpfe. Er soll hier seinen Rhythmus finden und eine Basis für das nächste Jahr legen», meinte Martinelli.
Kaschetschkin begreift die Vuelta vor allem als Aufbauprogramm. «Ich fahre hier zwei Rennen. Das eine betrifft die Resultate - und die sind momentan nicht so wichtig. Das zweite trage ich mit mir selbst aus. Es geht darum, mich kontinuierlich zu verbessern und als Mensch zu wachsen», sagte der frühere Dopingsünder pathetisch.