Zürich (rad-net) - FIFA-Chef Joseph Blatter hat im Machtkampf um die Melde-Regeln für Top-Profis gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA vorerst eine brisante «Lex Fußball» durchgesetzt. Die Aufenthaltsorte der Spitzenspieler für eventuelle Doping-Proben dürfen nun in einer Testphase bis 2010 doch kollektiv für die gesamte Mannschaft gemeldet werden. Die von der FIFA, dem europäischen Dachverband UEFA und Profis wie Michael Ballack heftig kritisierte individuelle Meldepflicht gilt nur noch in Sonderfällen.
Für besonderen Sprengstoff könnte zudem die eigens für die FIFA modifizierte Urlaubs-Regelung sorgen. Unverdächtige Profis müssen demnach während ihrer Ferien in der Sommer- und Winterpause für Kontrollen nicht mehr jederzeit verfügbar sein. Diese Regelung dürfte in anderen, stärker kontrollierten Sportarten für Unverständnis und Empörung sorgen.
Schon in der vergangenen Woche hatten sich FIFA und WADA bei einem Treffen in der Verbandszentrale des Fußball-Weltverbandes in Zürich auf diese neuen Bestimmungen geeinigt - beide Organisationen teilten dies in identischen Erklärungen auf ihren Internetseiten mit. Angesichts der Heftigkeit der monatelangen Debatte überraschte die ungewöhnlich dezente - und öffentlich verspätet wahrgenommene - Mitteilung der FIFA unter der Überschrift «FIFA und WADA erörtern Anti-Doping-Bestimmungen».
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» bewertete den Sachstand prägnanter und titelte am Donnerstag: «FIFA führt WADA vor». Von Triumphgeheul war aus Zürich nach dem Verhandlungserfolg, der gerade für andere Teamsportarten neuen Diskussionsbedarf zur Folge haben wird, nichts zu hören. «Das Schlagwort heißt: Gemeinsam», sagte FIFA- Chefarzt Jiri Dvorak der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Eine neue Konfrontation mit der WADA soll angesichts der diffizilen Thematik vermieden werden. Von der WADA war am Donnerstag vorerst kein Statement zu erhalten. Die sogenannte «Whereabout»- Regelung gilt generell als juristisch umstritten. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz der Bundesregierung Peter Schaar sah nach einem Gespräch mit der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) noch Diskussionsbedarf. «Wir legen großen Wert darauf, dass die Persönlichkeitsrechte der Sportler gewahrt bleiben», sagte ein Sprecher Schaars am Donnerstag und betonte: «Da müssen noch Detailfragen geklärt werden.»
Als Sonderbehandlung für den Fußball sei die Regelung nicht zu verstehen, hieß es von FIFA-Seite. Auch eine Aufweichung des WADA- Codes gäbe es nicht, da das neue Vorgehen darin im Prinzip schon verankert sei. «Es ist nichts geändert worden», sagte Dvorak. Fakt ist aber, dass der seit Beginn des Jahres gültige WADA-Code für die besten Fußballer nun vorläufig anders interpretiert wird. «Das geltende FIFA-Anti-Doping-Reglement wurde von der WADA verstanden und wird nun vor einer neuerlichen Beurteilung 2010 in der Praxis getestet», hieß es in der Erklärung der FIFA und WADA.
Blatters immer wieder vehement vorgetragene Standpunkt der notwendigen besonderen Behandlung seiner Team-Athleten wird damit Rechnung getragen. Ein Vereinsvertreter kann für alle Akteure des Clubs den Aufenthaltsort en bloc mitteilen - die Einzel-Meldepflicht entfällt. Ausnahmen gelten für verletzte oder gesperrte Akteure, die nicht täglich gemeinsam mit ihren Kollegen anzutreffen sind.
Gar eine generelle Test-Pause haben Fußball-Profis zu Beginn ihrer Sommerpause und in der Weihnachtszeit. «Wir haben keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass sie ihre Performance in dieser Zeit aufpushen könnten», sagte Dvorak. Für verletzte, gesperrte oder verdächtige Spieler gilt die Melde-Pause nicht. «Kontrollen während des ohnehin kurzen Urlaubs sind im Sinne der Wahrung der Privatsphäre der Spieler hingegen inakzeptabel», hieß es dazu in einer FIFA- Erklärung vom 24. März - in der der Weltverband seine Forderungen - die durch den WADA-Code angeblich ohnehin längst gedeckt waren - klar formuliert hatte.
Die bisherige Code-Interpretation hatten auch einige Profis öffentlich kritisiert. «Der Zweck ist positiv. Aber es wird teilweise massiv ins Privatleben eingegriffen», sagte DFB-Kapitän und Chelsea- Mittelfeldmann Michael Ballack im Februar. «Es stößt hier und da auf Unverständnis. Es ist auf jeden Fall kritisch zu sehen.»