Arc-et-Senans (dpa) - Aus dem Mini-Eklat hatte die Presseabteilung bei RadioShack-Nissan gelernt - und Andreas Klöden einen Tag später bei der Etappenanalyse der Tour de France gar nicht mehr erwähnt.
Nach dem peinlich verlaufenen Abstecher auf die Planche des Belles Filles betrieb das Team anderntags mit dem Sprung an die Spitze der Teamwertung eigentlich Schadensbegrenzung. Doch den Namen Klöden, der als Kapitän in das Wochenende gestartet war, suchte man in dem Mannschafts-Kommuniqué vergebens. Die vermeintliche Supertruppe wird immer mehr zum Chaoshaufen. «Rien ne va plus bei RadioShack», schrieb die «L'Équipe».
Ausgerechnet Routinier Klöden wurde nach einer cleveren ersten Woche, in der er den vielen folgenschweren Stürzen im Feld schadlos entging, zum großen Verlierer. Dass er sich neben den Tücken der schwierigen Etappen in den Vogesen und im Jura auch noch mit der Presse - in dem Fall jener des eigenen Rennstalls - anlegte, dürfte kaum geholfen haben. Ihm hatte nicht gefallen, dass ihm die eigenen Leute «schlechte Beine» attestiert hatten.
Klöden und die Medien, das ist seit Jahren keine glückliche Liaison: Seit dem unrühmlichen Ende des T-Mobile-Teams und der Ermittlungen in der Freiburger Doping-Affäre meidet der zweimalige Tour-Zweite die meisten Journalisten wie der Teufel das Weihwasser. Weder sein Teammanager Johan Bruyneel, wegen seiner Verstrickung in die Doping-Affäre Armstrong nicht bei der Tour, noch Pressechef Philippe Maertens konnten ihn zu moderaterem Vorgehen überreden.
Stattdessen äußert er sich bei Twitter - und dabei nicht selten ziemlich ungehalten zur Berichterstattung über ihn, über den Bund Deutscher Radfahrer und die deutschen Medien. Bei der offiziellen Präsentation des neuen RadioShack-Teams zu Jahresbeginn platzierte er vor sich ein kleines Fähnchen der EU, alle Teamkollegen waren durch die zu ihnen passende Nationalflagge zu erkennen. «Ich bin Europäer», sagte Klöden.
Fragen der Presse werden bei vielen Fahrern ohnehin als notwendiges Übel im Dauerstress der Tour empfunden. Die obligatorische Pressekonferenz des Mannes in Gelb hatte Bradley Wiggins am Sonntag wutschnaubend verlassen. Auf die Frage, wie er auf Twitter-Angriffe reagiere, die das Thema Doping betreffen, explodierte der sonst auch durch seinen feinen britischen Humor auffallende Mann aus London. Er polterte im Gossenjargon, ließ keine Frage mehr zu und verschwand. Die Pressesprecherin seins Teams Sky sagte vor dem Zeitfahren: «Bradley war gestern etwas ungehalten.»
Allergische Reaktion beim D-Wort sind allenthalben zu spüren. Bei der Siegerpressekonferenz im Vorjahr hatte schon gereicht, Cadel Evans zu fragen, ob er der lebende Beweis dafür sei, eine Tour auch sauber gewinnen zu können. Er erging sich in der Replik in einer allgemeinen Abqualifizierung der Medien, die doch immer nur im Dreck stochern würden.