Mendrisio (dpa) - Cadel Evans hat zum großen Schlag ausgeholt: Der 32-Jährige Australier wurde in Mendrisio in der Schweiz überraschend Rad-Weltmeister und stellte bei strahlendem Sonnenschein die Topfavoriten Damiano Cunego (Italien) und Alejandro Valverde (Spanien) in den Schatten.
Evans, bei der Tour de France schon zweimal Zweiter und zuletzt bei der Vuelta Dritter, hatte aus einer neunköpfigen Spitzengruppe am letzten Anstieg attackiert und den Titel nach 262,2 Kilometern sicher nach Hause gefahren. Er holte damit den ersten Titel für Australien in der 82-Jährigen WM-Geschichte.
«Dieser Sieg war die Antwort auf meine Kritiker, die oft sagen, ich kann nicht attackieren. Der Kurs hier lag mir besser als der im nächsten Jahr in Australien», sagte der frühere Mountainbiker, der bei der Siegerehrung mit den Tränen kämpfte.
Silber mit 27 Sekunden Rückstand auf Evans fiel an den Russen Alexander Kolobnijew, der schon in Stuttgart WM-Zweiter war. Die Bronzemedaille holte sich im Tessin der Spanier Joaquin Rodriguez. Fabian Wegmann als bester deutscher Radprofi landete auf Rang 11. «Die letzten drei Runden waren extrem schnell, und ich kam gerade noch so mit. Nur bei der letzten Attacke musste ich passen. Ich hatte Krämpfe. Schade, dass ich bei den letzten neun Fahrern nicht mehr dabei war», sagte der völlig ausgepumpte Wegmann. Mit rund 100 000 Zuschauern an der 13,8 Kilometer-Runde blieb der Zuspruch in Mendrisio trotz Kaiserwetters unter den Erwartungen.
Mehr als drei Viertel des Rennens war bestimmt von einer anfangs zehn Fahrer starken Spitzengruppe, in der auch der vierfache Vuelta-Etappengewinner André Greipel fuhr. Er stieg drei Runden vor Schluss als dritter Deutscher erschöpft aus. Richtig zur Sache unter den Favoriten ging es auf dem anspruchsvollen 19 Runden-Kurs mit insgesamt 4655 Höhenmetern Mitte der vorletzten Runde, als sich nach einer Attacke des Zeitfahr-Weltmeisters Fabian Cancellara eine 24-köpfige Spitzengruppe mit allen Topfahrern bildete. Vor der letzten Steigung in Novazzano fünf Kilometer vor dem Ziel war die Gruppe auf neun Fahrer geschrumpft. Dann schlug die Stunde des in der Vergangenheit oft zaudernden Evans. Er attackierte, keiner konnte folgen.
Dem Präsidenten des Weltverbandes UCI, Pat McQuaid, blieb so wenigstens die Peinlichkeit erspart, Alejandro Valverde (9.) höchste Ehren zuteil werden zu lassen. Der Spanier ist wegen Dopings in Italien für zwei Jahre gesperrt, wurde aber von der UCI in Mendrisio nicht gestoppt. Der Weltverband verwies auf das ausstehende Urteil des Sportgerichtshofes CAS.
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) musste sich in Mendrisio mit den zwei Bronzemedaillen der Zeitfahrer Tony Martin und Patrick Gretsch zufriedengeben. Im Vorjahr konnte sich der Verband über je einmal Gold und Silber sowie dreimal Bronze im 30 Kilometer entfernten Varese freuen. Trotzdem zog BDR-Vize Udo Sprenger zufrieden Bilanz: «Das Topergebnis aus dem Vorjahr war ohnehin nicht zu erreichen. Aber wir lagen nur eine Medaille unter meiner WM-Prognose und haben in jedem Rennen - auch im Hinblick auf London 2012 - Akzente gesetzt.»