Amiens (dpa) - Kaum hatte sich Tony Martin erneut das Gelbe Trikot abgeholt, kletterte auch André Greipel nach seinem zweiten Etappensieg aufs Podium. «Ich bin einer der Schnellsten im Feld - heute habe ich alles richtig gemacht. Jetzt habe ich zwei Etappensiege. Das ist toll», sagte der Rostocker.
Der Kraftprotz ist bei der 102. Tour de France zum neuen Sprintkönig aufgestiegen. Mit seinem insgesamt achten Etappenerfolg überflügelte er Jan Ullrich.
Die Tour spricht deutsch. Drei Etappensiege, das Gelbe und Grüne Trikot - alles nach den ersten fünf Tagen: Diese Bilanz kann sich sehen lassen. «Das ist unglaublich, besser könnte es nicht laufen. Ich bin sehr, sehr stolz», sagte Martin, der weiter zwölf Sekunden Vorsprung auf den Briten Chris Froome hat.
Martin war sich in Amiens nach 189,5 Kilometern nicht zu schade, für seinen Teamkollegen Mark Cavendish den Sprint mit anzuziehen. Für den Briten reichte es am Ende allerdings nur zum dritten Rang - gegen die Kraft Greipels hatte er wie die gesamte Konkurrenz keine Chance.
Der Träger des Grünen Trikots hatte wie bereits in Zeeland die schnellsten Beine und gewann mit deutlichem Vorsprung, obwohl er 300 Meter vor dem Ziel eingeklemmt war. Den Überblick verlor Greipel nur im Chaos hinter der Ziellinie kurzzeitig, als er seinen Edelhelfer Marcel Sieberg zum gemeinsamen Jubeln suchte. Ansonsten ist der zweifache deutsche Meister so locker wie selten und parliert im Fernsehen sogar schon auf Französisch.
Mit seinem Erfolg vor dem Slowaken Peter Sagan verteidigte der 32-Jährige sein Grünes Trikot souverän. «Unser Ziel sind Etappensiege. Das Grüne Trikot ist ein schönes Präsent für uns. Solange ich es habe, werde ich es verteidigen», erklärte Greipel, der sich hinter dem Ausreißer Pierre-Luc Perichon vor Amiens auch die meisten Punkte beim Zwischensprint in Rancourt vor John Degenkolb gesichert hatte.
Nach dem «schönsten Tag bei der Tour de France» setzte Martin seine Triumphfahrt durch das verregnete Nordfrankreich etwas angeschlagen fort. «Nach der ganzen Feierei bin ich erst gegen 2.00 Uhr zum Schlafen gekommen. Ich bin jetzt ein bisschen k.o., aber das Gelbe Trikot wird mir hoffentlich Flügel verleihen», hatte Martin beim Start in Arras erklärt.
Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister hatte während der Etappe clever im Feld agiert. Seine Arbeit für den schnellen Cavendish platzierte ihn automatisch im Vorderfeld, wo die Sturzgefahr relativ gering ist. «Ich hatte während der Etappe nicht viel Zeit, das Trikot zu genießen. Jetzt kommen die Hochgefühle wieder», sagte Martin im Ziel.
Auf dem welligen Sprinterkurs lag bei Regen und starken Windböen lange der Franzose Perichon allein an der Spitze. Aber nach gut 100 Kilometern war seine Flucht beendet. Zuvor hatte sich bei einem der zahlreichen Stürze Nacer Bouhanni verletzt. Der Sprinter aus Frankreich, der bereits mit Sturzverletzungen aus der nationalen Landesmeisterschaft in die Tour gegangen war, musste aufgeben. Der 24-Jährige klagte über Schmerzen an der Hand und am Rücken und wurde ins Krankenhaus gebracht. Brüche wurden nicht diagnostiziert.
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