Fuente Dé (dpa) - John Degenkolb hat noch nicht genug. Vier Etappensiege hat er bereits bei der 67. Vuelta a Espana errungen. Der 23-jährige Thüringer quälte sich durch die Berge, um weiter zu punkten und den Rekord von Marcel Wüst zu brechen.
«Es gibt noch drei Flachetappen. Da wollen wir natürlich vorn dabei sein», sagte Degenkolb und hat dabei die Tagesabschnitte am Donnerstag, Freitag und Sonntag im Visier.
In den asturischen Bergen musste er tatenlos zusehen, wie sein größter Konkurrent ums Grüne Trikot, der Gesamtführende Joaquin Rodriguez, Punkt um Punkt holte. «Es wird jetzt sehr schwer für mich. Rodriguez ist schon ziemlich weit weg. Aber wir denken erst einmal nicht an das Trikot, sondern konzentrieren uns auf die Tagessiege. Wenn ich die hole, kommen die Punkte automatisch», sagte der Geraer am Mittwoch vor der 17. Etappe. Degenkolb genießt es sichtlich, im Rampenlicht zu stehen und der Vollstrecker einer kollektiven Vorarbeit seines Teams zu sein.
Dass die Siege einen geringeren Wert hätten, weil die Sprinterkonkurrenz zumindest dem Namen nach nicht sehr hochkarätig ist, will er nicht geltenlassen: «Hier ist jeder unglaublich motiviert. Da muss man sich erst einmal durchsetzen.» Die Konkurrenz achtet auf ihn. Das hat den Effekt, dass bei den Flachetappen die Männer von Katusha, Saxo Bank und Sky auf die Team-Kollegen von Degenkolb schauen und den nominell zweitklassigen Profis von Argos Shimano den Vortritt bei der Nachführarbeit lassen. Das ist eine anstrengende Kür, allerdings auch eine vortreffliche Chance, Zeichen zu setzen.
An die Rekordmarke des Belgiers Freddy Maertens, der 1977 gleich 13 Etappen gewann, kann Degenkolb zwar nicht mehr herankommen. Aber Branchengrößen wie der Franzose Laurent Jalabert (sieben Siege 1994) und der Italiener Alessandro Petacchi (je fünf Siege 2003 und 2005) liegen durchaus in Reichweite. Auf Augenhöhe mit den Landsleuten Marcel Wüst (vier Siege 1999, insgesamt 12) und Erik Zabel (drei im Jahr 2001, insgesamt acht) hat er sich schon begeben - zumindest das spanische Terrain betreffend.
Erhöhte Forderungen an andere leitet er daraus aber nicht ab. «Ich werde jetzt nicht zur WM fahren und sagen: Ich bin der Champion, sondern ich werde mich an die Stallorder halten», blickte er auf die Titelkämpfe am 23. September voraus. Aber auch dort will er vorne mitmischen. «Die Form wird dann nach einer kurzen Pause immer noch gut sein», prognostiziert er.
«Wir benennen die WM-Starter erst Ende dieser Woche oder Anfang nächster. Aber von seinen Möglichkeiten, die er ja schon mit seinem fünften Platz bei Mailand-San Remo unter Beweis gestellt hat, könnte ihm auch das schwere WM-Finale in Valkenburg auf dem Cauberg liegen», sagte Patrick Moster, der Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), am Mittwoch.