Montauban (dpa) - André Greipel verschwand wortlos im Teambus, Marcel Kittel schimpfte mit den Organisatoren: Mark Cavendish hatte den beiden deutschen Top-Sprintern bei der 103. Tour de France erneut das Hinterrad gezeigt und seinen dritten diesjährigen Etappensieg perfekt gemacht.
Kittel musste nach 190,5 Kilometern in Montauban im Ziel der sechsten Etappe hauchdünn geschlagen mit Rang zwei zufrieden sein. Der deutsche Meister Greipel, der im Gegensatz zu Kittel bei dieser Tour noch keinen Tagessieg verbuchen konnte, wurde nur 15.
Kittel zeigte sich als fairer Verlierer, nahm sich aber die Veranstalter zur Brust. «Ich habe alles probiert, aber ich konnte nicht mit Mark mithalten. Er hat verdient gewonnen», sagte er und fügte an: «Schmale Kurven am Ende, da ist es extrem schwierig, das Rad bis zur Ziellinie zu halten. Ich weiß nicht, was sich die Organisatoren dabei gedacht haben. Ich möchte darüber nicht weiter diskutieren, ich will nur eine Dusche.»
Der 28 Jahre alte Thüringer, der vor zwei Tagen in Limoges gewonnen hatte, schien auf der Zielgerade etwas zu früh an die Spitze gefahren zu sein. Cavendish passierte ihn auf den letzten Metern und feierte seinen insgesamt 29. Tagessieg beim größten Radrennen der Welt. Als Zugabe gab es das Grüne Trikot des erfolgreichsten Punktesammlers. «Kittel hat im Finale heute seinen Sprintzug verloren», sagte Cavendish, der sich über sein Grünes Trikot freute: «Schön, dass ich es habe. Mal sehen, wie lange ich es verteidigen kann.»
Der von Rolf Aldag betreute Data-Dimension-Kapitän nutzte die letzte Sprint-Chance, bevor die Tour ins Hochgebirge einbiegt. Am Freitag steht die erste von drei Pyrenäen-Etappen auf dem Programm. Gut möglich, dass sich Cavendish vorzeitig von der Tour verabschiedet, um sich in Ruhe auf die olympischen Bahnrennen in Rio vorzubereiten. Nach seinem Lauf in Frankreich peilt er an der Copacabana Gold an. In der Tour-Bestenliste in Bezug auf Tagessiege ist er nur noch fünf Etappenerfolge von Rekordhalter Eddy Merckx entfernt.
Greg Van Avermaet genoss den ersten Tag im Gelben Trikot, das er am Vortag in einem phänomenalen Solo erobert hatte. Es war eine Premiere für den 31-Jährigen. Auf der sechsten Etappe konnte der Belgier sein Trikot ohne Mühe verteidigen. Ab Freitag in den Pyrenäen sieht es für den Klassiker-Spezialisten nicht mehr so gut aus. «Das wird heute ein Feiertag für mich - die Pyrenäen sind zu hart», hatte Van Avermaet am Start erklärt.
Auf jeden Fall hat er schon für ein Detail im Tour-Historien-Buch gesorgt. Van Avermaet, der weiter 5:11 Minuten vor dem Franzosen Julien Alaphilippe liegt, ist der Tour-Spitzenreiter mit dem größten Vorsprung nach fünf Etappen seit 1949. Damals führte Jacques Marinelli mit 14:58 Minuten vor Vittorio Magni. Die Tour gewann der Franzose trotzdem nicht.
Das Bora-Argon-18-Team setzte seine Offensiv-Taktik fort. In fünf von sechs Etappen war der Zweitligist aus Raubling, zum dritten Mal in Serie dank einer Wildcard im Rennen, in Ausreißergruppen vertreten. Am Donnerstag hatte Jan Barta von der Teamleitung den Marschbefehl erhalten. Der Tscheche und der Japaner Yukiro Arashiro hatten früh einen Fluchtversuch gestartet und hielten den Verfolgern bis 22 Kilometer vor dem Ziel stand.
Die großen Favoriten auf den Toursieg, Vorjahressieger Chris Froome aus Großbritannien und Nairo Quintana aus Kolumbien, konnten ein letztes Mal ihre Kräfte etwas schonen. Sie kamen bei Temperaturen von mehr als 35 Grad zeitgleich mit dem Tagessieger ins Ziel. Ab Freitag müssen sie Farbe bekennen.
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