Meerbeke (dpa) - Bevor Fabian Cancellara nach 262 Kilometern die Ziellinie der 94. Flandern-Rundfahrt als Solist passierte und sich nach seinen Erfolgen bei Paris-Roubaix und Mailand-San Remo den dritten Hochkaräter sicherte, nahm er sich alle Zeit der Welt.
Zuerst streckte ihm sein Teamchef Bjarne Riis aus dem Begleitwagen die Hand zur Gratulationen entgegen, dann schnappte sich Cancellara von einem Zuschauer eine Schweizer Fahne und schwenkte sie triumphierend. Der Zweitplatzierte , Lokalmatador Tom Boonen, konnte bei einem Rückstand von 1:15 Minuten die Feier des Zeitfahr-Olympiasiegers nicht stören. Cancellara eroberte Radsport-Flandern als erster Schweizer nach Henri Suter (1923).
14 Kilometer vor dem Ziel hatte Cancellara Boonen auf der berüchtigten Kopfsteinpflaster-Steigung der Mauer von Geraardsbergen den entscheidenden Schlag versetzt und sich alleine abgesetzt. Im Ziel in Meerbeke hatte der 29-Jährige den dritten Sieg Boonens bei der Flandern-Rundfahrt nach 2005 und 2006 verhindert. Die beiden stärksten Fahrer hatten sich 44 Kilometer vor dem Ziel von einer prominent besetzten Spitzengruppe gelöst. Das Finale der Traditionsfahrt, die von Hunderttausenden von Zuschauern wieder zum Volksfest gemacht wurde, geriet zum Duell der beiden vorher ausgerufenen Topfavoriten.
«An der 'Mauer' habe ich alles gegeben, was ich hatte. Solch ein Rennen als Favorit zu gewinnen, ist das Größte», freute sich Cancellara. Der am Boden zerstörte Boonen hatte in Geraardsbergen nach dem Angriff des Schweizers Krämpfe und erkannte danach: «Einen Typen wie Cancellara darfst du nicht fünf Meter weglassen.» Innerhalb von fünf Kilometern hatte der Schweizer einen Vorsprung von fast einer Minute herausgefahren.
Lance Armstrong hielt sich gemessen an seinen bescheidenen, bisherigen Saisonergebnissen besser als erwartet. Der 38-jährige Texaner startete zum ersten Mal seit 2005 wieder bei der Flandern- Rundfahrt und kam mit der ersten großen Verfolgergruppe als 27. mit 2:35 Minuten Rückstand ins Ziel. Am Koppenberg hatte er wie manch anderer sein Rad zwar kurz schieben müssen, danach aber wieder den Anschluss an die Spitze gefunden. Sein aufgestocktes Vorbereitungsprogramm mit Blickrichtung Tour geht am kommenden Dienstag beim Etappenrennen Circuit de la Sarthe in Frankreich weiter. Er landete dort am Montag im Privatjet.
Der siebenmalige Tour-Sieger («Ich habe mich besser gefühlt als bei meinen letzten Rennen») nahm die Oster-Strapazen als Spezialtraining für die kommende Tour de France auf benachbartem Terrain auf sich. «Das ist nicht ein Parcours, der ihm liegt und wie er es bewältigt hat, war stark», lobte ihn sein Teamchef Johan Bruyneel. Armstrong konnte zumindest die Erkenntnis mitnehmen, auf Kopfsteinpflaster mit den besten Spezialisten der Welt mithalten zu können. «Das hat mich ein wenig überrascht», sagte Armstrong, der im Juli seinen achten Toursieg im Visier hat und dafür auf der 3. Etappe zwischen Wanze-Arenberg und Porte du Hainaut den Grundstein legen will.
Einen Achtungserfolg aus deutscher Sicht nach der Absage des Vorjahreszweiten Heinrich Haussler wegen Verletzung schaffte Danilo Hondo auf Rang neun. Nach dem Ablauf seiner Dopingsperre ist der Wahlschweizer aus Cottbus inzwischen bei Lampre wieder in einem ProTour-Team gelandet und hat sich in den vergangenen drei Jahren langsam wieder in den Bereich der erweiterten Weltspitze vorgearbeitet.