Frankfurt (rad-net) - Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat einen neuen Koordinator für den Bereich Verkehr. Der entsprechende Posten war seit dem Rücktritt von Bernd Ramming im März dieses Jahres vakant. Künftig wird der Nürnberger Bruno Liebermann versuchen, die verkehrspolitischen Interessen des Spitzenverbandes zu vertreten. Der 65-jährige Liebermann wurde vom Hauptausschuss des BDR im Umlaufverfahren gewählt. Liebermann ist stellvertretender Vorsitzender des Radsport-Bezirkes Mittelfranken, gehörte dem Vorstand des bayerischen Radsportverbandes an und war bis zuletzt Beisitzer im Bundesrechtsausschuss. Diesen Posten muss er laut Satzung nun räumen, da Mitglieder des Hauptausschusses dem Bundesrechtsausschuss nicht angehören dürfen.
Als Aktiver war Liebermann in den 60er-Jahren im Rennsport unterwegs. Heute fährt er bis zu 15.000 Kilometer im Jahr mit dem Renn- wie mit dem Treckingrad. Seit 19 Jahren gehört der pensionierte Polizeioberrat unter anderem auch zum Organisationsteam des Radrennens «Rund um die Nürnberger Altstadt».
«Unser Verband ist im Blick auf den Verkehr kein Meinungsführer. Bei uns steht der Sport im Vordergrund, der Verkehr ist gar kein Thema», so der Radsportler gegenüber «rad-net». Dabei seien Sport und Verkehr im Verband unmittelbar verbunden: «Eine große Gefahr für den Radsport sehe ich zum Beispiel bei der Genehmigung von Veranstaltungen», sagt der Nürnberger. «Das geht bis zum aktuellen Thema der Kostenpflicht bei Sporteinsätzen, zum Beispiel für die Polizei.»
In Sachen Verkehrspolitik fordert Liebermann aber auch von den Vereinen Engagement. «Ich bekomme immer wieder Aufforderungen wie ,kümmert Euch darum, dass wir besser trainieren können‘», sagt Liebermann. «Aber welcher Radsportverein hat jemals beim Radwegebau Stellung genommen? Viele Vereine beklagen sich, das immer mehr Radwege gebaut werden. Das stimmt, allein in Bayern in diesem Jahr für 20 Millionen Euro. Die Details darüber werden aber in der Lokalpolitik entschieden und zu jedem Radweg gibt es eine Anhörung, in die sich auch die Vereine mit ihren Belangen einbringen und Einfluss nehmen können. Ich glaube, im gesamten Bereich des BDR gibt es keine zehn Vereine, die das machen. Da müssen die Vereine in die Gänge kommen, sonst bleibt die Meinungsführerschaft beim ADFC.»
Für die Verkehrspolitik auf überregionaler Ebene warnt Liebermann zu seinem Amtsantritt vor zu großen Erwartungen. «Man muss realistisch sein. Die Verkehrspolitik ist auf Grund der Gemengelage und Zuständigkeiten sehr kompliziert», so Liebermann, der seine praktischen Erfahrungen auf Radtouren durch die gesamte Bundesrepublik macht. Dabei hat er auch die Vorzüge der von vielen Rennradfahrern verschmähten Radwege kennen gelernt: «Es gibt viele schöne Radwege.»
Wie seine Arbeit als Koordinator für Verkehr im BDR genau aussehen soll, muss noch geklärt werden. «Man muss sich erst einmal zusammensetzen und den Ist-Zustand festhalten und Ziele formulieren. Wir müssen erst einmal wissen, was wir wirklich wollen. Ich habe bisher aus dem ein oder anderen Schriftwechsel etwas erfahren, aber da gibt es keine Strategie», sagt der 65-Jährige im Gespräch mit «rad-net». «Das hat meine Befürchtung bestätigt, dass der Verkehrspolitik im BDR kaum Bedeutung zugemessen wird. Man muss sich jetzt mal hinsetzen und Ziele formulieren. Ich kenne kein Papier, wo diese formuliert werden.»
Um die Lobby der Radsportler zu stärken, kann sich Liebermann auch eine Kooperation mit dem ADFC vorstellen. «Radsport ist auch Radfahren und nicht nur Hochleistungssport», so der Nürnberger. «Die meisten Probleme liegen ja auf dem Tisch, einige Lösungsvorschläge auch, jetzt muss man sehen, wie geht man damit um.»
Persönlich sehe er sein erstes Ziel in der Aktivierung der Vereine: «Ich habe im Bezirk mal das Angebot für ein Verkehrs-Seminar gemacht. Das Interesse war praktisch Null. Auf der anderen Seite kommen ständig Fragen und Klagen.» Neben der Information stehe die Aktion: «Wenn ich dann erreichen würde, dass der ein oder andere Verein mal in Stadtratssitzungen geht und sagt, das und das ist ein Thema unseres Vereins, da müssen wir uns auch drum kümmern, dann ist schon viel erreicht. Weil das steht bei vielen nicht auf der Agenda.» Zweites Ziel des ehemaligen Polizisten ist es, mit den Behörden sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene ins Gespräch zu kommen.
In seiner beruflichen Laufbahn war Liebermann unter anderem zuständig für die Verbrechensbekämpfung und für große Sportereignisse, Katastrophenfälle und Großschadenslagen. Große wie komplexe Aufgaben ist er also gewohnt. Zum Vollzeit-Job soll sein Einsatz für den BDR aber nicht werden. «Es muss auch noch Zeit zum Radfahren bleiben.»
Daher fordert Liebermann die Rückendeckung des Verbandes. «Ich wusste ja, dass der Posten nicht besetzt ist. Aber freiwillig meldet sich ja da kein Mensch. Als ich von Peter Streng gefragt wurde, habe ich mir das aber einmal angeschaut und war auch bei den Verantwortlichen des Verbandes. Denn eines ist klar. Wenn ich mich engagiere, dann richtig. Aber dazu gehört auch, dass ich entsprechend unterstützt werde.»