Besançon (dpa) - Nach fünf Etappensiegen, drei Trikots und herausragenden Leistungen kam den deutschen Radprofis die Auszeit bei der Tour de France gerade recht.
«Der Ruhetag kam zur richtigen Zeit. Wir waren alle am Limit», sagte Tony Martin nach den Strapazen auf den ersten zehn Etappen der Nachrichtenagentur dpa.
So richtig Ruhe war aber nicht wirklich eingekehrt. Nicht bei den bislang so überragend fahrenden deutschen Radprofis und auch nicht beim deutschen Rennstall NetApp-Endura, der am Dienstag einen neuen Sponsor für die nächsten fünf Jahre präsentierte.
Die Vertragssituation beim dreimaligen Zeitfahr-Weltmeister Martin ist für das kommende Jahr dagegen weiter ungeklärt. Dazu waren nach seinen famosen Vorstellungen in den Vogesen im Internet schon pauschale Zweifel geäußert worden. «In den sozialen Medien kann jeder seinen Senf dazugeben. Wenn ich jedes Mal reagieren würde, hätte ich keine Zeit mehr zum Radfahren. Jeder, der mich kennt, der weiß, dass diese Fahrweise in meiner Natur liegt», betonte der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister am Dienstag. Sein Manager Jörg Werner ergänzte: «Tony hat sich nichts vorzuwerfen. Er hat sich das alles mit Talent und Fleiß hart erarbeitet.»
Der britische Radprofi David Millar hatte mit vagen Andeutungen eine kleine Diskussion losgetreten. «Statistiken zeigen, dass Tony Martin die letzten zehn Minuten zu 100 Prozent an der Spitze gefahren ist. Was das auch immer bedeutet», schrieb der Ex-Weltmeister am Montag während der Etappe nach La Planche des Belles Filles auf Twitter. Millar war einst als Dopingsünder aufgeflogen, hatte sich dann aber recht glaubhaft gewandelt.
Die Reaktionen waren entsprechend. Als «Cyborg» oder «T3000» wurde Martin im Netz bereits tituliert. «Ich möchte das auch haben, was er gefrühstückt hat», lautete ein weiterer Kommentar, nachdem Martin einen Tag nach seiner erfolgreichen 155-Kilometer-Flucht erneut das Geschehen in einer Ausreißergruppe bestimmt hatte. Dass er 20 Kilometer vor dem Ziel völlig entkräftet abreißen lassen musste und fast vom Rad fiel, war wohl der Gegenbeweis, dass der Spitzenfahrer mit dem Hochgeschwindigkeitsmotor kaum auf den Spuren des nachträglich ausgeschlossenen Ex-Siegers Floyd Landis wandelt.
Martin hatte sich in der Vergangenheit in Sachen Doping stets klar positioniert und sogar Gefängnisstrafen für Betrüger gefordert. Man gebe aber keine Leistungsdaten heraus, weil sie «wild interpretiert werden», sagte Werner, der neben Martin auch den dreimaligen Etappengewinner Marcel Kittel und John Degenkolb betreut. Auch bei den beiden Fahrern vom Team Giant-Shimano ist aufgrund der ungeklärten Sponsorenfrage beim Rennstall trotz bestehenden Vertrages die Zukunft noch nicht geklärt.
Speziell bei Martin, dessen Vertrag ausläuft, drängt aber die Zeit. «Wir wollen schnell Klarheit, lieber heute als morgen. Nach Tonys Etappensieg besteht aber auch kein Grund zur Panik», sagte Werner. Martins belgische Mannschaft Omega Pharma-Quickstep sei weiter «die erste Option». Teamchef Patrick Lefevere, der Martin nach dessen Sieg in Mulhouse schon mit Eddy Merckx verglich, drängt auf eine schnelle Entscheidung und hat offenbar auch kein Problem mit der Ausrichtung seines Schützlings auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Am Geld werde es nicht scheitern, sagte Martin.
Zum Team Netapp, das am Dienstag das auf Kochsysteme spezialisierte Unternehmen Bora als neuen Geldgeber für die nächsten fünf Jahre präsentierte, wird Martin aber kaum wechseln. «Das ist nicht unsere Kragenweite», sagte Teamchef Ralph Denk.
Das Ausland war jedenfalls begeistert vom Auftritt der neuen deutschen Generation. Vor Martin hatten dreimal Marcel Kittel und einmal André Greipel mit Etappensiegen gepunktet. Außerdem trugen Martin und Jens Voigt für je einen Tag das Bergtrikot, Kittel fuhr nach seinem Auftaktsieg für einen Tag in Gelb. Die ausländische Presse zeigt sich verwundert über den «Boykott deutscher Medien» bei der Frankreich-Rundfahrt.
Martin und Co. hoffen auf eine Rückkehr der öffentlich-rechtlichen TV-Sender ARD und ZDF im kommenden Jahr, Ende September soll eine Entscheidung fallen. Sportlich haben die deutschen Fahrer jedenfalls ihren Beitrag zu einer größeren Beachtung geleistet. Gegen die Pauschalverdächtigungen im Radsport werden sie wohl noch lange ankämpfen müssen.
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