Campo Felice (rad-net/dpa) - Topfavorit Egan Bernal hat an der zweiten Bergankunft des 104. Giro d'Italia gewonnen und die Führung in der Gesamtwertung übernommen. Der kolumbianische Rennfahrer setzte sich auf der Schotterpiste des Skigebiets Campo Felice als Solist vor Giulio Ciccone (Trek-Segafredo) und Alexander Vlasov (Astana-Premier Tech) durch. Emanuel Buchmann zeigte eine gute Leistung und belegte mit zwölf Sekunden Rückstand Platz 13.
Nach 30 Kilometern, am Passo Godi, hatte sich eine erste rund 22 Fahrer umfassende Gruppe vom Feld abgesetzt. Doch bereits nach 25 Kilometern wurden die Ausreißer wieder eingeholt, genauso wie eine weitere Fluchtgruppe, die sich kurz darauf gebildet hatte.
Das Rennen blieb aber auch danach kampfbetont. Bei noch rund 70 zu fahrenden Kilometern fuhr wieder eine größere Gruppe aus dem Feld davon, in der mit Bauke Mollema (Trek-Segafredo), Diego Ulissi (UAE-Team Emirates) und Matteo Fabbro (Bora-hansgrohe) auch einige starke Bergfahrer vertreten waren. Bis zu drei Minuten Vorsprung holten die Ausreißer auf das Feld heraus. Unterhalb des Gipfels des vorletzten Anstiegs hinauf nach Ovindoli teilte sich die Spitzengruppe. Daraufhin attackierten Simon Carr (EF Education-Nippo) und Geoffrey Bouchard (Ag2r-Citroen) aus der Gruppe. Kurz vor dem rund sechs Kilometer langen Schlussanstieg, der eine Schotterstraße nach Campo Felice hinaufführte, schüttelte Bouchard seinen Mitstreiter ab und fuhr um den Tagessieg.
Doch offenbar hatte er die Rechnung ohne das Team Ineos Grenadiers und Egan Bernal gemacht. Die britische Mannschaft hatte sich an die Spitze des Feldes gespannt und war den Ausreißern immer näher gekommen. 500 Meter vor dem Ziel schoss Bernal vorbei und feierte mit sieben Sekunden Vorsprung auf Ciccone und Vlasov den Etappensieg sowie die Übernahme des Rosa Trikots. «Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist, ich habe gerade meine erste Etappe bei einer Grand Tour gewonnen», sagte Bernal im Ziel. 2019 hatte er die Tour de France gewonnen, ohne dabei einen Etappensieg zu feiern. «Ich habe viele Opfer gebracht, um dahin zu gelangen, wo ich jetzt bin. Ich dachte, ich würde heute gut abschneiden, war mir aber nicht sicher, ob ich die Etappe würde gewinnen können. Meine Teamkollegen hatten großes Vertrauen in mich, sie sagten mir, ich könnte es schaffen: Dieser Sieg ist für sie, sie glauben wirklich an mich.»
In der Gesamtwertung liegt der frühere Tour-Sieger nun 15 Sekunden vor der großen belgischen Hoffnung Remco Evenepoel (Deceuninck-Quick Step), der heute Vierter wurde. Auf dem dritten Rang folgt Vlasov mit 21 Sekunden Rückstand. Buchmann bleibt im Klassement auf Platz 15 und liegt 1:46 Minuten hinter Bernal.
Vor dem ersten Ruhetag können sich am Montag die Sprinter nochmals in Szene setzen. Die nur 139 Kilometer von L'Aquila nach Foligno weisen kaum Schwierigkeiten auf. In Caleb Ewan wird der bisher beste Sprinter allerdings fehlen, nachdem der zweimalige Etappensieger das Rennen am Samstag wegen Knieschmerzen aufgeben musste.