Grenchen (rad-net) - Die deutschen Bahnfahrer sind erfolgreich in die Olympia-Saison gestartet und nehmen weiter in allen zehn Disziplinen Kurs auf die Spiele in Rio im nächsten Jahr. Zwar konnte die Mannschaft die Europameisterschafts-Bilanz des vergangenen Jahres mit drei Titeln und 13 Medaillen nicht wiederholen, mit sieben Medaillen - vier Silberne und drei Bronzene - gehörte der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) aber bei den Titelkämpfen in Grenchen (Schweiz) erneut zu den führenden Nationen.
«Wir sind zufrieden und auf einem guten Weg. Man muss aber feststellen, dass das Niveau in Europa gegenüber dem Vorjahr deutlich angezogen hat», sagte Delegationsleiter Günter Schabel. Der BDR-Vizepräsident für Leistungssport hatte dabei vor allem die Niederländer im Blick, die in den Kurzzeitdisziplinen überraschend stark auftrumpften und mit Jeffrey Hoogland den erfolgreichsten EM-Teilnehmer stellten.
Für die erfolgsverwöhnten deutschen Sprinter ist bei der EM in Grenchen dagegen noch nicht alles rund gelaufen. «Die Meisterschaft lag nach unserem Höhentrainingslager in den USA etwas zu früh. Trotzdem bin ich mit unserem Abschneiden zufrieden. Wir haben wieder eine gute Medaillenausbeute erzielt», sagte Bundestrainer Detlef Uibel. Für das Glanzlicht sorgte Max Niederlag. Der Chemnitzer gewann überraschend Silber im Sprint. Ebenfalls Silber gab es für Joachim Eilers aus Chemnitz im nichtolympischen 1000-Meter-Zeitfahren. Kristina Vogel aus Erfurt mit Bronze im Sprint sowie die Teamsprint-Mannschaften steuerten mit Silber (Frauen) und Bronze (Männer) weitere Medaillen bei. Am Sonntag belegte die mehrfache Weltmeisterin Vogel noch einmal Platz fünf im Keirin-Wettbewerb. Bei den Männern stürzte Joachim Eilers im Kleinen Finale und wurde als Zwölfter im Ergebnis notiert.
Für Sorgenfalten sorgten Teamsprint-Olympiasiegerin Miriam Welte (Kaiserslautern) und der vierfache Weltmeister Maximilian Levy (Cottbus). Beide mussten am Sonntag wegen Verletzung und Krankheit ihre Starts absagen. «Im Kurzzeitbereich müssen wir uns aber absolut keine Sorgen machen», sagte Schabel.
Im Teamsprint der Männer kämpfen weiter sechs Fahrer um die drei Olympia-Plätze. Auch Ex-Weltmeister Stefan Bötticher aus Chemnitz hat offenbar endlich seine muskulären Probleme überwunden und soll beim zweiten Weltcup der Saison im Dezember in Neuseeland auf die internationale Bühne zurückkehren. Uibel will in den kommenden Rennen versuchen, mit Quervergleichen die optimale Besetzung zu finden. Neben Levy konnte auch Robert Förstemann (Gera) in Grenchen als Anfahrer nicht vollends überzeugen. Niederlag und Eilers sammelten dagegen erste Pluspunkte. «Es wird ein enges Rennen bis zum Schluss. Mein Wunsch ist weiter, bei der WM im März in London die Olympia-Mannschaft an den Start zu bringen», so Uibel.
Mit Domenic Weinstein (rad-net ROSE Team) aus Unterbaldingen bei Villingen-Schwenningen erreichte erstmals seit 2007 (Robert Bartko WM-Zweiter in Palma de Mallorca) ein deutscher Verfolger ein WM- oder EM-Finale. Hier musste sich der deutsche Meister nur Weltmeister Stefan Küng aus der Schweiz (4:14,992) beugen und gewann Silber. In 4:17,755 Minuten verpasste Weinstein knapp seinen eigenen deutschen Rekord (4:17,417).
Die Vierer-Mannschaft konnte als Fünfte nach Platz zwei im Vorjahr nicht ganz die inzwischen wieder höheren Erwartungen erfüllen. «Wir sind absolut weiter auf dem richtigen Weg, auch wenn es uns schwer gefallen ist, hier unser Potenzial voll abzurufen. Aber auch die anderen Nationen schlafen nicht und haben sich entwickelt. Aber wir konnten hier wichtige Erkenntnisse sammeln, die uns im weiteren Saisonverlauf helfen werden», sagte Bundestrainer Sven Meyer. In der Olympia-Qualifikation machte der Vierer sogar etwas Punkte gut und steuert erstmals seit 2004 die Spiele an.
Bei den Frauen war es Stephanie Pohl aus Cottbus, die die deutsche Bilanz aufpolierte. Die amtierende Weltmeisterin wurde Dritte im Punktefahren. In der Mannschaftsverfolgung fuhr das Frauen-Quartett nur auf Platz acht. «Einige Frauen waren Ende September noch bei der Straßen-WM am Start. Da mussten wir Abstriche machen. Beim Weltcup hoffen wir auf bessere Ergebnisse», erklärte Günter Schabel. Mieke Kröger, die bei der Straßen-WM in Richmond drei Starts absolvierte, schaffte es in der Einerverfolgung ins kleine Finale, wo sie jedoch der Britin Ciara Horne im Kampf um Bronze unterlag. Gudrun Stock (München) belegte einen guten fünften Platz und verbesserte ihre persönliche Bestzeit um drei Sekunden.
Ende des Monats geht es für die Bahnfahrer beim Weltcup in Cali auch schon weiter um Punkte Richtung Rio. Bereits am morgigen Dienstag reist ein Großteil der deutschen Mannschaft nach Kolumbien an.