Lüttich (rad-net) - Weltmeister Julian Alaphilippe (Quick Step-Alpha Vinyl) war gestern einer der am schlimmsten vom Massensturz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich betroffenen Fahrer. Romain Bardet (DSM) eilte seinem Landsmann sofort zur Seite und war zunächst der einzige, der ihm helfen konnte. Damit verzichtete er auf seine eigenen Chancen im Rennen.
Bardet war selbst in den Sturz verwickelt, trug aber keine größeren Blessuren davon. Nach dem Rennen erzählte er eine emotionale Geschichte von Alaphilippes schwerem Sturz. «Es war ein Albtraum», sagte der Franzose gegenüber «Velonews». «Tom Pidcock und ein Fahrer von Direct Energie sind direkt vor mir gestürzt, und ich bin auch auf die rechte Straßenseite gestürzt. Aber ich war in Ordnung. Als ich mich umsah, sah ich Julian fünf oder sechs Meter unter mir liegen. Es war ein emotionaler Schock, denn er war in sehr schlechter Verfassung. Niemand kam und er brauchte wirklich Hilfe. Es war ein echter Notfall, weil er sich nicht bewegen und nicht atmen konnte.»
Bardet kam sofort zur Rettung: «Er war bei Bewusstsein, konnte aber nicht wirklich sprechen. Also hoffte ich, dass er okay ist. Der Mechaniker kam und dann der Arzt, aber die Straße war komplett gesperrt. Viele Fahrer waren in schlechter Verfassung, aber niemand sah Julian. Auch von der Straße aus war es nicht zu sehen. Ich war danach echt geschockt.»
Bardet verließ Alaphilippe schließlich, als ausgebildete Sanitäter vor Ort eintrafen. Er setzte das Rennen fort, erreichte aber schließlich das Ziel nicht. Das Rennen sei für ihn ohnehin nach dem Sturz bei noch 62 zu fahrenden Kilometern gelaufen gewesen. «Ich hatte Glück, dass ich keine Verletzungen habe.» Weiter sagte der 31-Jährige: «Im Radsportalltag kann sich alles schnell ändern. Ich habe mich super gut gefühlt und war kurz davor, mich mit dem Team zu positionieren, aber nach diesem Sturz bedeutet Rennenfahren nicht viel.»
Bardet freute sich einen Tag nach dem Zwischenfall über die positiven Reaktionen seines Handelns: «Ich bin sehr bewegt von all den Berichten, aber ich denke tatsächlich, dass jeder in dieser Situation dasselbe getan hätte - es gibt keinen Wettbewerb mehr, wenn es um die Gesundheit geht», schrieb der Profi in den sozialen Medien.
Dabei betonte er auch, dass alle Fahrer eine gemeinsame Verantwortung haben, solche Unfälle zu verhindern und es Respekt untereinander brauche. «Die Verantwortung, die du hast, wenn du Risiken eingehst, um nach vorne zu kommen, kann schwerwiegende Folgen für die 100 Jungs hinter dir haben», fuhr er fort. «Ich gebe niemandem die Schuld, geschweige denn habe ich ein Monopol auf die Wahrheit. Es ist nur so, dass man einem Sport sein Herz und seine Seele widmet – eine Leidenschaft für den Rennsport, die im Handumdrehen tragisch werden und die Schönheit des Sports beeinträchtigen kann. Ich wünsche allen betroffenen Fahrern eine schnelle Genesung.»