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Jens Voigt hat sich typischerweise mit einem Ausreißversuch vom Radsport verabschiedet. Foto: Nicolas Bouvy
25.08.2014 12:03
Ausreißer Voigt fährt in den Radsport-Ruhestand

Denver (dpa) - Jens Voigt verneigte sich ein letztes Mal vor dem Publikum, dann verschwand er nach 17 Profijahren von der Radsport-Bühne.

Bei einem Cocktail in einem mexikanischen Restaurant in Denver/Colorado ließ der 42 Jahre alte Rekordteilnehmer der Tour de France anschließend seinen letzten Tag als Radprofi ausklingen. Wehmut kam beim gebürtigen Mecklenburger nicht auf. «Ich hatte schlimme Stürze und große Triumphe. Meine Karriere ist voller spezieller Momente. Nun gibt es keine Leiden, keinen Stress und keine Sturzgefahren mehr. Ich freue mich auf einen langen Urlaub», sagte Voigt, nachdem er zum Abschluss der USA Pro Challenge noch einmal eine seiner berühmten Attacken gestartet hatte.

Dass es wie so oft in seiner Karriere nicht zum Sieg reichte, war allenfalls ein Schönheitsfehler. Voigt stand beim Etappensieg des Amerikaners Alex Howes und dem Gesamterfolg von Tejay van Garderen (USA) trotzdem im Rampenlicht. Mit einer Krone auf dem Kopf hatte er schon vor dem Start viele Hände schütteln müssen, die Kollegen schenkten ihm nach dem Rennen den «Teufelslappen» - das rote Signal, das den letzten Kilometer einer Etappe anzeigt - mit den Unterschriften aller Fahrer.

Voigt, der «ewige Ausreißer» - zum Abschluss präsentierte er sich so, wie er sich über viele Jahre einen Namen gemacht hatte. Als unermüdlicher Kämpfer hatte der zweimalige Deutschland-Tour-Gewinner immer wieder Fluchtgruppen gebildet.

Meistens wurde er eingeholt, was ihn noch beliebter machte, da er sich nie hatte entmutigen lassen und es immer wieder versuchte. Manchmal kam er aber auch durch. «Für jeden Erfolg musste ich hart arbeiten, es gab keine einfachen Siege», betonte Voigt.

65 Profierfolge zählen die Statistiker. Keine schlechte Ausbeute für einen, der nicht zu den besten Sprintern gehört und der auch im Hochgebirge nicht zu Hause ist. Bei der Tour de France gewann er zwei Etappen und trug zweimal das Gelbe Trikot. Die französischen Fans feierten Voigt noch vor einigen Wochen beim Abschied wie einen ihrer Fahrer. Er gehörte ja auch quasi zum Inventar. Zum 17. Mal hatte er im Sommer teilgenommen, womit er den Rekord von George Hincapie (USA) und Stuart O'Grady (Australien) einstellte.

17 Jahre und viele Anekdoten. Einmal fuhr Voigt 20 Kilometer auf einem Kinderfahrrad, nachdem er seine Rennmaschine bei einem Sturz zerstört hatte und der Materialwagen bereits vorausgefahren war. Unvergessen ist auch sein Spruch «Shut up legs» («Haltet die Klappe, Beine»). Es gab aber auch bittere Momente. 2009 stürzte er auf der Abfahrt vom kleinen Sankt Bernard bei Tempo 70 schwer. Zwölf Wochen später saß er wieder auf dem Rad. «Man darf hinfallen, muss aber auch wieder aufstehen», sagte Voigt.

Der Altmeister fuhr aber auch jahrelang während der dunklen EPO-Ära vorne mit. Voigt wurde nie positiv getestet oder des Dopings überführt. Ob er tatsächlich eine weiße Weste hat, weiß nur er selbst. Im Zuge des Untersuchungsbericht der Anti-Doping-Kommission des französischen Senats musste er im vergangenen Jahr unangenehme Fragen beantworten. Hinterher stellte sich heraus, dass bei ihm keine Nachanalysen durchgeführt werden konnten, weil nicht mehr genügend Urin vorhanden war.

Wie es mit dem sechsfachen Familienvater weitergeht, ist noch nicht genau geklärt. Dem Team Trek soll er in einer noch nicht definierten Position erhalten bleiben. Von den deutschen Fans will er sich beim Sechstagerennen in Berlin vom 22. bis 27. Januar 2015 verabschieden. Voigt überlegt zudem, ein Buch zu schreiben. Zu erzählen hätte er einiges.


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