Oudenaarde (rad-net) - Wer die Bilder von Marcel Aregger (IAM Cycling) nach dessen Sturz bei Dwars door Vlaanderen sah, der musste mit dem Schlimmsten rechnen. Denn der Schweizer lag bewusstlos auf der Straße und regte sich nicht.
Einer der ersten, die an der Unfallstelle waren, war der Deutsche Rüdiger Selig aus dem Katusha-Team. Der 26-Jährige war selbst in einen Sturz verwickelt und von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, doch das hinderte ihn nicht daran seinem Rennfahrer-Kollegen zur Seite zu stehen.
Aregger wurde direkt in das Krankenhaus von Oudenaarde gebracht. Laut einer ersten Diagnose erlitt der 24-jährige Schweizer einen Schlüsselbeinbruch, eine Gehirnerschütterung sowie eine Platzwunde an der Augenbraue. Diese hatte zunächst noch schlimmeres befürchten lassen, da an der Unfallstelle Areggers Kopf mit Blut verschmiert war und auf den ersten Blick eine schwerwiegendere Verletzung vermutet wurde.
Areggers Teamkollege Jérôme Pineau erklärte auf der Homepage seines Teams die Gründe für den Sturz. «Wie immer war alles sehr nervös. Ich war bereit mit einer Spitzengruppe zu gehen. Plötzlich hat ein Rennfahrer von Saxo wegen eines Defekts angehalten. Ich habe ihn nicht gesehen und bin mit hohem Tempo in ihn reingefahren und fand mich im Straßengraben wieder. Ich bin mit Prellungen und Schmerzen am linken Oberschenkel wieder aufgestanden. Aber da habe ich mir um meinen Kollegen Marcel Aregger große Sorgen machen müssen. Er lag bewusstlos auf dem Boden. Nachdem ich die Diagnose erfahren habe, bin ich nun beruhigt.»
Eddy Seigneur, sportlicher Leiter von IAM Cycling, befürchtete ebenfalls das Schlimmste, als er seinen Fahrer am Boden liegen sah. «Die Bilder von Fabio Casartelli sind mir wieder in Sinn gekommen. Marcel lag am Boden, Gesicht nach unten und gab kein Lebenszeichen von sich. Die Nothelfer haben ihn mit aller Sorgfalt umgedreht. Sein Gesicht war wegen einer Wunde an der Augenbraue blutüberströmt. Danach hat er aufmunternde Zeichen von sich gegeben und konnte Arme und Beine bewegen. Aber im ersten Moment war es sehr überwältigend und es ist nicht verwunderlich, dass Dries Devenyns und Aleksejs Saramotins nach diesen Momenten das Rennen nicht fortfahren konnten.»
Rüdiger Selig erhielt für sein vorbildliches und sehr sportliches Verhalten sehr viel Lob über die sozialen Medien. Aregger schrieb bei Twitter: «Ich habe alles vergessen was gestern passierte, ABER ich werde niemlas vergessen was Rüdiger Selig für mich gemacht hat.»
Trek-Profi Fabian Cancellara honorierte das Verhalten von Selig ebenfalls: «Wir fahren alle Rennen um zu gewinnen, aber hier sieht man mehr als einen Sieg – Rüdiger Selig hilft Marcel Aregger.» Dazu veröffentlichte der Schweizer ein Foto, auf dem man Selig schlammbedeckt sieht, wie er die Hand von Aregger hält und sich über seinen verletzten Rennfahrerkollegen beugt.