Mendrisio (dpa) - Die Rad-Weltmeisterschaft wird für den Weltverband UCI zum Fettnäpfchen-Parcours - und der in Italien gesperrte Alejandro Valverde flüchtet in die Schweiz. Um der allgegenwärtigen Doping-Krise zu begegnen, setzt die UCI in Mendrisio im Tessin auf «Innovation» und verschiebt die nötigen Diskussionen. «Alles, was Sie über Valverde oder Doping wissen wollen, bitte gerne am Samstag - jetzt nicht», wurden die Journalisten von UCI-Chef Pat McQuaid beschieden, der in einer Pressekonferenz lieber vollmundig «die Zukunft der Weltmeisterschaften» vorstellte.Seine Antwort auf Image-Verlust und schwindende Glaubwürdigkeit: Die Titelkämpfe werden von 2012 an im niederländischen Limburg «revolutioniert», auf zehn Tage ausgedehnt, auf 12 Wettbewerbe aufgestockt und um ein Team-Zeitfahren für Profi-Mannschaften und ein Geld bringendes Jedermann-Rennen erweitert. «Die WM soll ein alljährliches Radsport-Fest werden», verkündete McQuaid und begrüßte eine Delegation aus den Niederlanden, die für das dortige TV gerne «La Ola» machte, um ihre Freude für den Erhalt des - wahrscheinlich gar nicht preiswerten - WM-Zuschlags auszudrücken.
Derweil verschob die spanische WM-Mannschaft ihr Ziel auf der Anreise nach Mendrisio kurzfristig. Nicht im italienischen Como/ wurde Quartier genommen, sondern 20 Kilometer weiter in der noblen «Villa Sassi» am Luganer See in der Schweiz. Wahrscheinlich wollte Valverde unangenehme Fragen der italienischen Behörden vermeiden. Der frisch gekürte Sieger der Spanien-Rundfahrt ist vom Nationalen Olympischen Komitee Italiens (CONI) am 11. Mai für zwei Jahre gesperrt worden, weil das CONI mittels eines DNA-Abgleichs die weiter geleugneten Verbindungen des Profis zum mutmaßlichen Dopingarzt Eufemiano Fuentes nachgewiesen hatte.
Bis zum 17. Oktober soll der Internationale Sportgerichtshof CAS entscheiden, ob Valverdes Sperre - wie von der UCI und der Welt-Anti- Doping-Agentur WADA gefordert - auch weltweit gelten soll. Zudem muss geklärt werden, ob das CONI-Vorgehen überhaupt rechtens war.
Vielleicht kommt aber auch nur eine weitere Vertagung oder die Aufforderung an den spanischen Verband heraus, endlich ein Verfahren gegen seinen Topfahrer einzuleiten. Der königliche Dachverband weigert sich jedenfalls hartnäckig und hält weiter zu Valverde - wie übrigens auch zu dem in Mendrisio nicht startenden Alberto Contador. Der zweifache Tour-de-France-Sieger steht ebenfalls unter Verdacht, Fuentes-Kunde gewesen zu sein. Allerdings drohen diese beiden Personalien immer mehr zur Last für die spanischen Sportfunktionäre zu werden, die bei der Olympia-Bewerbung Madrids für 2016 um ihr Image fürchten.
Bei Nachfragen zu Valverde verschanzt sich die UCI hinter dem CAS. «Wir müssen das Urteil abwarten», sagte Verbandssprecher Enrico Carpani, der einmal mehr McQuaid («Mister President») abschirmt. Aber Valverde ist nicht das einzige Reizwort in Mendrisio. Ein starker und konsequenter Verband hätte auch die Starts der Doper Alexander Winokurow und Andrej Kaschetschkin verhindern müssen, obwohl deren Sperren ausgelaufen sind. Im Gegensatz zum Italiener Ivan Basso, der sich wenigstens zu einem Teilgeständnis herabließ, leugnen die Kasachen weiter strikt, je manipuliert zu haben.
Natürlich haben auch beide nie einen Cent Strafe für nachgewiesenes Doping an den Verband gezahlt. Vor zwei Jahren hieß es noch: Im Fall der Verurteilung ein Jahresgehalt - sonst keine Lizenz. Carpani verrät die Ohnmacht: «Wir haben einige Zahlungsbefehle versendet, aber nie eine Antwort erhalten.»