Berlin (dpa) - Die alte Garde tritt ab. Nach Jens Voigt wechselt auch Danilo Hondo in den Radsport-Ruhestand und mit ihm so ziemlich der letzte Vertreter des sogenannten «alten» Systems.
Der 40-jährige Wahlschweizer aus der Lausitz versammelt noch einmal aktuelle und ehemalige Wegbegleiter bei einem Benefizrennen in Ditzingen um sich. Die Starterliste mit den früheren Telekom-Größen Udo Bölts, Steffen Wesemann, Christian Henn und Jens Heppner sowie Stunden-Weltrekordler Voigt erinnert an ein Treffen von Veteranen mit schwieriger Vergangenheit. Jan Ullrich kommt nur zum Anstoßen.
Hondo, ein im Peloton allseits geschätzter Topsprinter mit perfektem Überblick in hektischen Massenspurts, hat auch so einiges hinter sich. Trotzdem unterscheidet sich sein Fall von denen manch anderer Ex-Profis, die ihm beim Wohltätigkeitsrennen zugunsten kranker Kinder noch einmal die Referenz erweisen.
Immerhin hatte Hondo in dem stets besonders exponierten Anti-Doping-Aktivisten Werner Franke einen seltenen Fürsprecher auf seiner Seite. Der Profi blickt neun Jahre nach dem verschwindend geringen Carphedon-Fund in seinem Urin auf den «schlimmsten Tag» seiner ansonsten eher erfüllenden 18 Profijahre zurück: «Ich habe nicht bewusst gedopt, aber ich war Teil der Situation. Es bleibt mein Trauma».
Nach seinen Worten habe er 2005 im Team Gerolsteiner einem Betreuer vertraut, der ihn mit wahrscheinlich verunreinigten Nahrungsergänzungsmittel aus russischer Produktion versorgt hatte. «Ich war naiv», sagte Hondo, der sich nach dem positiven Befund in einen Justizmarathon stürzte. Aber trotz Franke, dessen wissenschaftlicher Analyse, dass die gefundene Menge nicht zur Leistungssteigerung taugte und anderen Ungereimtheiten wurde er letztendlich doch zwei Jahre wegen Dopings gesperrt.
Vor und nach diesem einschneidenden Ereignis fuhr Hondo mit Erfolg auf eigene Rechnung oder warf sich bei Massensprints in die Bresche für seine berühmten Kapitäne Erik Zabel und Alessandro Petacchi. Der in Ascona lebende und aus Guben stammende Brandenburger wurde 1994 Weltmeister im deutschen Bahnvierer, gewann zehn Etappen der Friedensfahrt, 2001 zwei Etappen beim Giro d'Italia, war 2002 deutscher Straßenmeister und ist 2005 als Zweiter knapp am Sieg beim Klassiker Mailand-San Remo vorbeigefahren.
Als Erfolgsbilanz genug, um hoch zufrieden auf eine «tolle Zeit» zurückzublicken. «Ich war von kleinauf begeistert vom Radsport, er ist meine Lebenseinstellung. Ich erinnere mich noch an das grandiose Gefühl am Start meiner ersten Tour de France zu stehen, oder Paris zu erreichen. Ich habe fast 100 Siege und wenn ich für andere gefahren bin, war es Teil des Geschäfts in einem Team. Erfolg hat viele Gesichter - ich bin happy», sagte Hondo der Nachrichtenagentur dpa.
Der eloquente Sprinter, zuletzt an der Seite Voigts beschäftigt im Trek-Team, will dem Radsport erhalten bleiben, «als Sportlicher Leiter oder im Management». Entsprechende Gespräche «mit verschiedenen Interessenten» laufen.
In seinem Lieblingssport hat sich nach seiner Meinung «viel geändert». Nicht umsonst habe «die WADA dem Radsport bescheinigt, im Anti-Doping-Kampf führend zu sein». Aber den vielzitierten Begriff der «neuen Generation» mag er nicht besonders und findet: «Es wäre heuchlerisch zu behaupten, heute wird nicht mehr gedopt».
Danilo Hondo im Abschiedsinterview: «Habe schöne Jahre im Radsport gehabt»