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Das Fahrerfeld schlängelt sich im Jahr 2006 den Col du Tourmalet hinauf.
16.07.2010 14:15
100 Jahre Pyrenäen: Tour-Entscheidung im Gebirge

Mende (dpa) - Der Anstieg zum Col du Tourmalet in den Pyrenäen ist ein Mythos der Tour de France. Der Legende nach bestieg vor 100 Jahren Alphonse Steinès den berühmten Berg. Seitdem ist das Hochgebirge zwischen Spanien und Frankreich regelmäßig im Programm der «Großen Schleife».

Ob man bei der achten Auflage der Tour de France 1910 einen Abstecher ins Hochgebirge wagen könne, sollte Steinès auskundschaften. Aber die Kletterpartie am Col du Tourmalet war nicht das, was sich der Luxemburger vorgestellt hatte: Ein einheimischer Begleiter kehrte schon früh vor dem Pass um, Steinès stapfte alleine durch den Schnee weiter. Am nächsten Morgen - so die Legende - fand ihn ein Suchtrupp halb erfroren vor und brachte ihn ins Tal. Dort schickte Steinès ein Telegramm an Tour-Chef Henri Desgrange: «Tourmalet-Pass. Stop. Sehr gute Straße. Stop. Absolut brauchbar. Stop.» Und die Tour machte sich auf in die Pyrenäen.

Vor Eis und Schnee werden sich Andy Schleck und Alberto Contador nicht fürchten müssen, wenn sie sich in der dritten Woche der 97. Tour ins Hochgebirge zwischen Frankreich und Spanien aufmachen. Für Spannung und Emotionen ist auf den steilen Passstraßen stets auch ohne Wetterkapriolen gesorgt. Vor allem die beiden Führenden der Gesamtwertung versprechen in den Pyrenäen eine heißen Fight. «Wer am Tourmalet Gelb hat, der hat Gelb auch in Paris», kündigt Schleck an.

Will der Luxemburger die Tour gewinnen, muss er in den Bergen einen deutlichen Vorsprung auf den klar besseren Zeitfahrer Contador, der ihm beim Prolog 42 Sekunden abnahm, herausfahren. «Eineinhalb Minuten - mindestens», schätzt Teamkollege und Helfer Jens Voigt, der Schleck schon in den Alpen am Col de la Madeleine zur Seite stand.

An Helfer wie Voigt war 1910 noch nicht zu denken, ebensowenig an explosive Attacken in den Anstiegen. Über den Tourmalet schaffte es gar nur ein einziger Fahrer - Gustave Garrigou - ohne sein Rad zu schieben. Auch der erste Pyrenäen-Bergkönig und spätere Gesamtsieger der Rundfahrt, Octave Lapize, musste aus dem Sattel. Mehr als zehn Stunden war der kleine Franzose auf einer Etappe unterwegs, auf dem Col d'Aubisque verlor er durch die schier unmenschliche Schinderei die Nerven. «Ihr seid alle Mörder!», brüllte er den Organisatoren zu.

In den Bergen zwischen Frankreich und Spanien wurden aus Radprofis Legenden: Eddy Merckx ließ am Tourmalet 1969 alle Verfolger stehen, kletterte anschließend alleine über den Aubisque und legte mit einem Vorsprung von sieben Minuten den Grundstein für seinen ersten Tour- Gesamtsieg - vier weitere sollten folgen.

Allerdings sind die kräfteraubenden Anstiege und waghalsigen Abfahrten auch immer wieder Schauplätze großer Tragödien. Dieses Jahr erlebt die «Grande Boucle» einen traurigen Jahrestag: 1995 stürzte der Italiener Fabio Casartelli in der Abfahrt vom Portet d'Aspet. Der Olympiasieger und damalige Team-Kollege von Lance Armstrong krachte 34 Kilometer nach dem Start gegen eine Straßen- Begrenzungsmauer aus Beton und verblutete noch an der Unfallstelle. Er trug bei dem Horror-Crash keinen Helm. Am 18. Juli jährt sich das Unglück zum 15. Mal.


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