Berlin/Frankfurt (dpa) - Erik Zabel im Umbruch: Langfristig denkt er an die ganz besondere Altersversorgung. Kurzfristig steht völlig überraschend sein erster Start beim Giro d'Italia auf dem Programm, danach seine mögliche 12. Teilnahme an der Tour de France im Juli.
Der erste Saisonsieg nach fast einjähriger Durststrecke in Frankfurt hat den 34-jährigen Berliner offensichtlich auf neue Gedanken gebracht. «Sein Start in Italien bedeutet nicht, dass er für die Tour nicht mehr in Frage käme. Nach seinem Sieg bei Rund um den Henninger Turm hat er Teamchef Kummer gebeten, ihn beim Giro zu berücksichtigen», sagte T-Mobile-Sprecher Christian Frommert, bei dem Zabel mit seinen «Rentenplänen» auf «offene Ohren» stieß. Bei den anstehenden Vertragsverhandlungen mit T-Mobile fordert der Vize- Weltmeister eine Weiter-Beschäftigung nach dem Karriereende.
Die von Team-Kollege Andreas Klöden entfachte Diskussion um Zabels Tour-Tauglichkeit müsste nach dem Coup in Frankfurt eigentlich vom Tisch sein. Wie dazu allerdings die überraschende Giro-Nominierung passt, ist schwer nachzuvollziehen. Zumal ab dem 7. Mai in Italien der im Moment als unschlagbar geltende Alessandro Petacchi als Sprint-Konkurrent wartet und Zabel bisher eine Giro-Teilnahme immer weit von sich gewiesen hatte.
Das erste heiße Thema seiner Zukunftsplanung ging Zabel in Sprinter-Manier offensiv an, das zweite um die Mannschaftsaufstellung beim Saisonhöhepunkt in Frankreich umkreiste er noch eher zurückhaltend. «Alexander Winokurow dürfte sich durch seinen Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich ins Tour-Team gefahren haben. Ich müsste mich mit meinem Erfolg von Frankfurt auch in diese Richtung bewegt haben.» Sein Freund, der neue Verbandspräsident und ehemalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping, konnte ihm aus Gründen der Neutralität nicht zur Seite stehen: «Da mische ich mich nicht ein.»
Bei den Vertragsverhandlungen ist jetzt Zabels Ehefrau Cordula, die die Familien-Finanzen managt, gefragt. Der Gatte glaubt, ihr durch seinen dritten Sieg in Frankfurt nach 1999 und 2002 dafür «gute Argumente» an die Hand gegeben zu haben. «Es geht auch um eine weitere Bindung an das Team über die sportliche Karriere hinaus. Das könnte ein ausschlaggebender Punkt sein. Bei Telekom hatte ich eine solche Vereinbarung getroffen, aber mein Chef heißt ja jetzt nicht mehr Ron Sommer», sagte Zabel, der dem Bonner Team, in dem er 1993 sein Profi-Debüt gab, die Treue halten will.
Dem Management des Bonner Teams steht mit der Nominierung des neunköpfigen Tour-Kaders sowie Vertragsverhandlungen mit Zabel, Winokurow und anderen viel Arbeit bevor. An einer Weiterbeschäftigung des «Marathon-Mannes», der mit jetzt 192 Erfolgen nach dem Rücktritt Mario Cipollinis der nach Siegen gerechnet erfolgreichste noch aktive Profi ist, besteht eigentlich kein Zweifel. Andere mögliche Begehrlichkeiten hatte Zabel schon abgewehrt: «Ein Wechsel zu Gerolsteiner wäre wenig intelligent.»
Mario Kummer, Teamchef bei T-Mobile, übte sich wie immer in diplomatischen Umschreibungen in Bezug auf das Tour-Team und erwähnte die unerwartete Giro-Teilnahme zunächst mit keiner Silbe: «Eriks Sieg war auf jeden Fall ein positives Zeichen, mit dem er sich und der Welt bewiesen hat, dass er es noch kann. Unsere Tour-Nominierung ist noch nicht gemacht - das ist ein fließender Prozess. Einige stehen fest, andere kommen hinzu.» Nach der Tour de Suisse sollen die Namen Ende Juni genannt werden.