Zolder (dpa) - Auf Erik Zabel wartet im Team Telekom eine neue Doppelrolle: Ein bisschen Jan Ullrich-Ersatz, ein bisschen der alte, verlässliche Erfolgs-Garant. Nach der Scheidung von Deutschlands Radsportler Nummer eins beginnt eine neue Zeitrechnung. Die feste Größe Zabel ist dabei vor allem als Identifikations-Figur für die Bonner bedeutungsvoller denn je.
Der 32-Jährige ist für die kommenden drei Jahre - so lange ist das weitere Engagement festgeschrieben - für das Aushängeschild des deutschen Radsports überlebenswichtig. Ohne Zabel wäre Telekom von den anderen einheimischen Top-Rennställen Gerolsteiner oder Coast in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr zu unterscheiden.
Der Weltmeister-Titel in Zolder wäre das Signal, von dem der Sponsor träumt. Marathon-Mann Zabel, in dieser Saison schon 16 Mal erfolgreich, Sieger am Henninger Turm, einen Tag im Gelben Trikot bei der Tour de France und Etappengewinner in Alencon, bei der Vuelta Gewinner des Punktetrikots und seit über 12 Monaten an der Spitze der Weltrangliste, ist mal wieder am Zug. «Je schwerer das Rennen, desto besser für Erik», sagt Teamsprecher und Verbands-Vize Olaf Ludwig. Ein Massensprint in Zolder nach relativ gemäßigtem Tempo über 262 km wäre nicht nach seinem Geschmack.
Jan Ullrich und Erik Zabel - das war nicht immer ein Dreamteam. Mit viel diplomatischem Geschick umschreibt Zabel seine Beförderung vom Co-Kapitän zum Chef mit Weisungsbefugnis. «Sein Weggang ist auch eine Chance. Es soll ein Ruck durch das Team gehen. Jans Stellung im deutschen Sport ist gerechtfertigt, aber 2002 war er für das Team natürlich ein Totalausfall. Deshalb kann Telekom mit der Saison- Bilanz nicht zufrieden sein», so Zabel, der es am Sonntag in Belgien in seinem letzten Saisonrennen in der Hand hat, vieles zum Guten zu wenden. Vor dem Titelkampf fordert er als Kapitän von seinen elf Mitstreitern aus vier verschiedenen Teams das «Telekom-Konzept» aus Ullrich-Zeiten: Alle für einen.
«Ich akzeptiere und respektiere Jans Entscheidung zu gehen. Wir sind über sieben Jahre erfolgreich zusammen gefahren und seine Erfolge haben den Radsport in Deutschland aus dem Schattendasein befreit. Aber ich habe sicher auch einges dafür getan. Die Leute wissen inzwischen, was Mailand-San-Remo ist, und dass es bei der Tour auf einer Flachetappe mehr Punkte als auf einer Bergetappe gibt», sagte der gebürtige Berliner, der auch ohne den dritten WM-Titel eines deutschen Radprofis nach Heinz Müller (1952) und Rudi Altig (1966) beste Chancen hat, als Spitzenreiter der Weltrangliste in die Winterpause zu gehen.
Dazu fehlen ihm nach eigener Rechnung noch rund 80 Punkte. Das entspräche bei der WM Rang zehn. Aber da ist noch der Weltranglisten- Zweite und Vize-Weltmeister von 2001, Paolo Bettini aus Italien, der anders als der vorjährige WM-Fünfte Zabel auch noch die Lombardei- Rundfahrt am 19. Oktober auf dem Terminkalender hat.