Berlin (dpa) - Jahrelang war Jan Ullrich Aushängeschild und Idol im deutschen Radsport. Spätestens nach dem Doping-Urteil des CAS und Ullrichs Erklärung zur Vergangenheit ist der ehemalige Telekom-Star in den Augen von Weltverbandschef Pat McQuaid aber kein Vorbild mehr.
«Zumindest nicht, bevor er nicht komplett die Verantwortung für sein Fehlverhalten eingeräumt hat», sagte McQuaid der «Welt am Sonntag». Andere Fahrer hätten Fehler zugegeben, «und nur dieser Schritt - schmerzvoll, aber absolut essenziell - hat ihnen in den Augen der Öffentlichkeit eine gewisse Glaubwürdigkeit zurückgegeben.»
Der Ire, der selbst nicht zuletzt durch sein undurchsichtiges Vorgehen in der Affäre Alberto Contador kaum als Vorkämpfer im Anti-Doping-Kampf gelten darf, steht mit seiner Meinung nicht allein. Für den Nürnberger Doping-Experten Fritz Sörgel ist Ullrich als Vorzeigeathlet bei Jedermann-Rennen untragbar. Erst in der Vorwoche hatte der einzige deutsche Tour-de-France-Sieger sein Mitwirken bei einem Amateurrennen in Bielefeld angekündigt. «Das Zynische ist, dass man ausgerechnet Ullrich als Doper zu so einer Veranstaltung schickt», sagte Sörgel. «Was sollen denn jungen Leute da denken...?»
Bei der Bewertung von Ullrichs Statement, in dem weder der Begriff Doping auftaucht noch Details seiner Zusammenarbeit mit Doping-Arzt Eufemiano Fuentes offengelegt werden, sind sich viele einig: Eine Chance wurde vertan, Hintermänner oder Doping-Praktiken zu nennen.
Danilo Hondo sieht die Situation etwas anders. «Die Frage ist: Was erwarten wir von Jan Ullrich und inwieweit hätte er zur Aufklärung beitragen können?», bemerkte der ehemalige Telekom-Teamkollege im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Ullrich «wird sich sicherlich genau überlegt haben, was er sagen kann.»
Der Sprintspezialist plädiert dafür, die Causa auf sich beruhen zu lassen. «Die breite Öffentlichkeit ist ob der ganzen Prozesse schon lange müde», fand der Routinier und legte den Finger in eine ganz andere Wunde. Für Hondo ist das CAS-Urteil nämlich nur «ein Tropfen auf dem heißen Stein». Von der Sperre und nachträglichen Annullierung von Ullrichs Ergebnissen ab Mai 2005 hält Hondo nichts.
«Sowohl Ullrich als auch andere mussten in der Affäre jahrelang auf ihr Urteil warten, dabei ist die ganze Fuentes-Geschichte eigentlich eine Farce.» Der Lampre-Fahrer erklärte: «Einige werden bestraft, andere kommen straffrei raus und werden politisch geschützt. Diese Anti-Doping-Politik schafft eine neue Unfairness.»