Frankfurt (rad-net) - Am Freitag beginnen die Olympischen Spiele von Tokio. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) startet in den vier Disziplinen Bahn, BMX, Mountainbike und Straße. In der heutigen Folge präsentieren wir Trixi Worrack, die bereits bei ihren fünften Olympischen Spielen an den Start gehen wird.
Trixi Worrack hat in ihrer Karriere alles erlebt: Bereits als Juniorin holte sie erste internationale Medaillen. 2006 in Salzburg war sie Vize-Weltmeisterin auf der Straße; danach mehrfache Mannschafts-Weltmeisterin mit Canyon. Nun startet die gebürtige Cottbuserin bei ihren fünften Olympischen Spielen. «Auch wenn ich schon lange dabei bin, Olympische Spiele sind etwas ganz besonders und ich würde lügen, wenn ich sage, ich bin nicht aufgeregt», sagt sie. Bundestrainer André Korff hat sie zum «Road-Captain» gemacht, «weil sie sehr viel Erfahrung mitbringt und ein Auge für die richtige Rennsituation hat», sagt Korff. Sie erkennt, wann Attacken mitgegangen werden müssen, wann Ausreißer einzuholen sind, damit das eigene Team seine Chancen auf ein gutes Resultat wahrt.
«Olympische Rennen sind immer komisch», sagt Worrack, weiß aber auch: «Es sind ja viel weniger Sportlerinnen am Start als bei einer Weltmeisterschaft.» Und davon hat Worrack einige im Portfolio. 1998 gewann sie ihren ersten WM-Titel, wurde in Valkenburg Weltmeisterin im Einzelzeitfahren der Juniorinnen. Im Folgejahr war sie in Verona Zweite im Straßenrennen und Dritte im Zeitfahren, ebenfalls bei den Juniorinnen. Und schon ein Jahr später, 2000, bestritt sie ihre erste Elite-WM. Das ist über 20 Jahre her und seitdem hat die 39-Jährige nur bei einer einzigen WM gefehlt, 2019 in Harrogate war sie nicht dabei. Ihren größten persönlichen Erfolg erlebte sie 2006 in Salzburg, als sie Zweite hinter Marianne Vos wurde. Aber sie war auch fünfmal Weltmeisterin: 2012 bis 2015 in ununterbrochener Reihenfolge und dann noch mal 2018 mit dem Team Canyon im Mannschaftszeitfahren für Firmenmannschaften auf der Straße. Diese Disziplin ist inzwischen einem Teamzeitfahren für Nationalmannschaften gewichen.
Ihre schönsten Erinnerungen hat Worrack aber an die Weltmeisterschaften 2004 und 2005, wo sie jeweils großen Anteil am Sieg ihrer Teamkollegin hatte. 2004 sprintete Judith Arndt in Verona zum Titel, 2005 Regina Schleicher in Madrid. «Vor allem die Weltmeisterschaften in Italien, speziell in Verona, fand ich wunderbar. Es herrschte eine tolle Atmosphäre.»
Ihre ersten Olympischen Spiele fuhr sie 2004 in Athen. Sie war auch in Peking 2008, in London 2012 und in Rio 2016 am Start und erzielte ihre beste Platzierung in London mit Platz neun im Einzelzeitfahren. Aber die persönlichen Erfolge standen bei Worrack nie im Vordergrund. Sie ist als Teamplayer bekannt und geschätzt. Wer Trixi im Team hat, der weiß, dass hier eine Fahrerin am Start steht, die alles gibt, die sich bis zum letzten Meter aufopfert. «Darum habe ich mich auch sehr über diese Nominierung gefreut», sagt sie vor ihren fünften und definitiv letzten Spielen. «Es zeigt, dass man in diesem Jahr gesehen hat, was ich für mein Team leiste. Ich war bei drei Rundfahrtsiegen meiner Mannschaft dabei und war eine gute Helferin. Das hat sich wohl rumgesprochen», lacht sie. Aber eigentlich kennt man ihre Qualitäten seit Jahren. Auf Worrack ist immer Verlass.
Trotz ihrer zarten Gestalt ist sie zäh. Das half ihr besonders im Jahr 2016, wo sie bei der Trofeo Alfredo Binda so schwer stürzte, dass man ihr eine Niere entfernen musste. Bereits wenige Wochen später saß sie wieder im Rennsattel und wurde Ende Juni Deutsche Meisterin im Einzelzeitfahren. Das war ein unglaubliches Comeback und bescherte ihr auch das Ticket zu den Spielen von Rio. Nachdem die Ärzte grünes Licht gaben, trat sie auch die weitere Reise nach Südamerika an. 2017 verteidigte sie ihren Titel im Zeitfahren erfolgreich und wurde ein Jahr später in Glasgow Dritte bei den European Games in Glasgow, wieder im Zeitfahren.
2003, 2013 und 2015 war sie Deutsche Straßenmeisterin, hinzu kamen nationale Titel am Berg, im Querfeldein und sogar auf der Bahn (im Punktefahren 2008) und zahlreiche Etappenerfolge bei internationalen Rundfahrten.
Und nun bestreitet sie also ihre fünften Olympischen Spiele und freut sich auf die Herausforderung. «Wir fliegen schon eine Woche vorher nach Tokio, haben Zeit, uns zu finden, die Strecke kennenzulernen. Darauf freue ich mich», sagte sie vorab. Und besonders freut sie sich auf Hannah Ludwig, die junge Nachwuchsfahrerin aus Traben-Trarbach. «Ich finde es toll, eine so junge Sportlerin im Team zu haben, vielleicht kann ich ihr einiges mitgeben.»
Die Spiele von Tokio werden eine der letzten großen internationalen Einsätze von Trixi Worrack sein. Ende des Jahres ist Schluss. Vielleicht startet sie noch einmal bei der WM, im Oktober wird sie aber endgültig das Rad an den berühmten Nagel hängen. Im September wird sie 40. Dann soll künftig das Privatleben mehr in den Vordergrund rücken. Mit ihrer Frau Scarlett hat sie eine Familie gegründet. Sie haben eine kleine Tochter, Fidi, wenige Wochen alt. Dem Radsport will sie aber treu bleiben, vielleicht als Trainerin arbeiten. Konkret ist noch nichts. Das lässt Trixi Worrack auf sich zukommen. Jetzt haben erst einmal die Olympischen Spiele Vorrang.
Zehn Fragen an Trixi Worrack
Was war für dich dein bisher schönster sportlicher Erfolg?
Comeback nach fast tödlichem Sturz im Rennen.
Was motiviert dich?
Das Leben und unsere Tochter Fidi.
Welche Vorbilder hast du?
Keine.
Was waren deine Lieblingsfächer in der Schule?
Englisch, Sport, Bio.
Was ist dein Lieblingsessen?
Alle möglichen Thai-Gerichte.
Nenne deine persönliche Stärke und Schwäche.
Fleiß - Wenig Selbstbewusstsein.
Auf was möchtest du nie verzichten?
Auf einen E-Reader.
Welchen Traum möchtest du dir im Leben noch erfüllen?
Vor einem Jahr wäre die Antwort eine Familie gründen gewesen. Der Traum hat sich in diesem Jahr erfüllt.
Was ist für dich ein perfekter Tag?
Zeit mit meiner Frau und unserer Tochter verbringen.
Welche Überschrift möchtest du gern einmal von dir lesen?
Worrack zu ihren 5. Olympischen Spielen nach Tokio.
Steckbrief Trixi Worrack
Team: Trek-Segafredo Women
Geburtstag: 28.09.1981 in Cottbus
Größe/Gewicht: 1,60 m/50 kg
Wohnort: Erfurt
Erfolge:
1998: U19-Weltmeisterin Zeitfahren
1999: 2. U19-WM Straße, 3. U19-WM Zeitfahren
2002: U23-Europameisterin Straße
2003: Deutsche Meisterin Straße
2004: 1. Giro della Toscana, 1. Tour de l'Aude, 1. Krasna Lipa
2006: 2. WM Straße
2007: 2. und Etappensieg Tour de l'Aude
2008: 2. Giro d'Italia, 5. WM Straße
2009: 1. DM Zeitfahren, Etappensieg Giro d'Italia
2010: 1. und Etappensieg Krasna Lipa, 3. DM Straße
2011: 4. Trophee d'Or Feminin
2012: Etappensiege Katar-Rundfahrt und Thüringen-Rundfahrt, 1. WM Mannschaftszeitfahren
2013: 1. WM Mannschaftszetifahren, 5. WM Zeitfahren, 1. DM Straße
2014: 1. WM Mannschaftszeitfahren, 2. DM Zeitfahren und Straße
2015: 1. WM Mannschaftszeitfahren, 10. WM Zeitfahren, 1. DM Straße
2016: 1. Katar-Rundfahrt, 1. DM Zeitfahren, 2. WM Mannschaftszeitfahren
2017: 1. DM Zeitfahren, 4. WM Mannschaftszeitfahren
2018: 3. EM Zeitfahren, 2. DM Zeitfahren, 1. WM Mannschaftszeitfahren
4-fache Olympiateilnehmerin, 22 WM-Teilnahmen