Berlin (dpa) - Tony Martin nimmt die verlorene Generalprobe beim einzigen Einzelzeitfahren der laufenden Vuelta à España als gutes Omen für die Rad-Weltmeisterschaften in Florenz.
«Meiner Zuversicht, Gold zu holen, hat das keinen Abbruch getan», erklärte der Doppel-Weltmeister nach der etwas überraschenden Niederlage gegen Fabian Cancellara. «Der WM-Kurs im September ist flacher», meinte - quasi zur Beruhigung - Martins Teamchef Jan Schaffrath.
Der viermalige Zeitfahr-Champion aus der Schweiz, der die strapaziöse Tour de France ausließ und jetzt bei der Vuelta frischen Formzuwachs demonstrierte, steckt vor den Titelkämpfen in einer Zwickmühle. Anders als Martin, der sich nur auf die Titelverteidigungen im Teamzeitfahren mit Omega-Quick Step (22. September) und in der Einzeldisziplin (25.) konzentriert, will Cancellara auch im Straßenrennen zum WM-Abschluss glänzen.
«Immer nur einige Tage Pause dazwischen - das wird für Zeitfahrer sehr schwer», meinte Schaffrath mit Blick auf Cancellara. Der RadioShack-Kapitän weiß auch noch nicht, wie er die dreifache Herausforderung angehen soll. Er habe noch keine Entscheidung gefällt, ließ er nach seinem Parforceritt in Terazona über 38,8 Kilometer mit 37 Sekunden Vorsprung vor Martin wissen.
Auf jeden Fall liebäugeln beide Profis aus Gründen der Kraftersparnis mit einem vorzeitigen Ausstieg aus der Spanien-Rundfahrt, obwohl sie dazu eher in Diplomatenmanier antworten. «Das möchte ich offen lassen», sagte Martin, der ansonsten eine deutliche Ansage macht. «Meine Form ist besser als im Vorjahr nach meinem Handbruch. Die Verletzung von der diesjährigen Tour ist restlos abgehakt - mein WM-Ziel ist klar: Ich will Gold», erklärte der Wahlschweizer der Nachrichtenagentur dpa. Für den letzten WM-Schliff soll ein Spezialtraining zu Hause am Bodensee dienen.
Neben Cancellara konzentriert sich Martin vor allem auf Bradley Wiggins als Hauptkonkurrenten über den 55,5 Kilometer langen WM-Kur von Montecatini Terme nach Florenz. «Beim schweren Zeitfahren der Polen-Rundfahrt hatte er Cancellara geschlagen, danach bei der Eneco-Tour einen kleinen Rückschlag erlitten. Ich schätze Wiggins sehr stark ein», meinte Martin, der sich in der Toskana auch für die Olympia-Niederlage gegen den britischen Goldmedaillengewinner von London revanchieren will.
Nach der WM und dem Saisonausklang bei der Peking-Rundfahrt sollte für Martin eigentlich eine neue Zeit beginnen. Bei der Tour wurde von seiner Entourage, aber auch ihm selbst, der «neue Tony» mit Augenmerk auf das Gesamtklassement der kommenden Tour propagiert. Dazu wäre eine regelrechte Metamorphose auch mit mehreren Kilogramm Gewichtsverlust verbunden. Inzwischen scheint das Thema nicht mehr so aktuell zu sein.
«Ich möchte dazu im Moment nichts sagen, das wurde während der Tour doch sehr aufgebauscht. Ich konzentriere mich auf die WM», sagte Martin, dessen 2012 verletzte Hand nach dem Saisonende im Oktober operiert werden soll.