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Travis Tygart, Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA, hat in Bonn die Verquickung der NADA mit Sport und Politik kritisiert. Foto: Archiv/ dpa
31.10.2014 08:23
US-Doping-Jäger Tygart kritisiert NADA-Unabhängigkeit

Bonn (dpa) - Zwei Tage nach dem Grundsatzbeschluss für eine deutsche Olympia-Bewerbung hat der amerikanische Doping-Jäger Travis Tygart die Verquickung der NADA mit Sport und Politik kritisiert.

«Ich bedauere, dass Deutschland keine unabhängige Agentur hat», sagte der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA, der 2012 den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong überführt hatte, gestern bei einem Workshop der NADA in Bonn.

Die NADA ist als Stiftung konstruiert, wird aber zum Großteil vom Bund, dem organisierten Sport und der Wirtschaft finanziert. Die von Tygart geleitete USADA operiert seit 2003 inhaltlich und finanziell völlig unabhängig.

«Wir wollen uns für Großveranstaltungen bewerben, dann müssen wir auch den neuen WADA-Code umsetzen», meinte die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann. Dazu gehört vor allem auch, dass die Bonner Agentur von 2015 an neben den Trainings- auch komplett die rund 5000 Wettkampfkontrollen übernimmt. Die Tests nach Wettkämpfen haben bisher nur 28 der 62 im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vereinten Verbände an die NADA übertragen. Der neue Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), der am 1. Januar 2015 in Kraft tritt, schreibt vor, dass die nationalen Agenturen für das komplette Kontrollsystem zuständig sind.

Dass die NADA bereits mit Jahresbeginn alle Wettkampftests in die Hand nehmen kann, ist angestrebt, aber nicht möglich. So laufen unter anderem noch Verhandlungen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der der NADA bisher nur die Trainingskontrollen der Bundesligen übertragen hat. «Zum Start der Saison 2015/16 muss es klappen», forderte Gotzmann.

Die im neuen WADA-Code enthaltenen Anforderungen machen eine Erhöhung des NADA-Etats um 2,3 Millionen auf 10 Millionen Euro für 2015 notwendig. Während der Bund bereits eine Erhöhung seiner Zuwendungen zugesagt hat, zieren sich einige Sportverbände noch. «Bei Geld hört die Freundschaft auf. Es erfordert noch einige Verhandlungen mit den Verbänden», sagte Gotzmann.

Dabei hätten die Sportverbände nach ihrer Ansicht nur Vorteile, da die NADA mit viel mehr Qualität testen kann. So plant die Agentur zum Beispiel die nach Wettkämpfen genommenen Urin- und Blutproben auch auf Wachstumshormon- oder Insulin-Missbrauch zu untersuchen sowie die Proben einzufrieren. Dies hätten die Verbände bisher nicht gemacht.

Zweifel an der Effektivität des deutschen Doping-Systems - nur drei der über 8000 Trainingskontrollen der NADA 2013 waren positiv - angesichts von Studien über weitaus höhere Zahlen von Dopern ließ die NADA-Chefin nicht gelten. «Wir müssen uns an die Fakten halten. Ich verwahre mich gegen eine Pauschalisierung der Athleten über alle Sportarten hinweg», sagte Gotzmann. «Ich verleugne aber nicht, dass es eine Dunkelziffer gibt.»

Die Anti-Doping-Kämpferin und ehemalige Weltklassesprinterin aus der DDR, Ines Geipel, hält die verbotenen Leistungssteigerung immer noch für weit verbreitet. «Wir sollten uns nicht so schnell einrichten, dass alles Vergangenheit ist», meinte die Vorsitzende des Doping-Opfer-Vereins. «Die Tradition ist nicht zu Ende.» Geipel war selbst unfreiwillig in das Zwangsdoping-System der damaligen DDR eingebunden. «Es gibt noch so viele Türen, die man im Anti-Doping-Kampf öffnen kann», erklärte Gotzmann. Auch der neue WADA-Code ist für sie «eine große Chance, die Anti-Doping-Arbeit für die sauberen Athleten deutlich nach vorn zu bringen».

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