Avranches (dpa) - Etappensieg und das erste Gelbe Trikot in Bastia, zweiter Tagessieg in Saint Malo: Marcel Kittel ist der erfolgreichste Fahrer der 100. Tour de France nach elf Tagen.
Extravaganzen oder Starkult sind ihm fremd, mit seiner freundlichen, offenen Art kommt der Thüringer auch in Frankreich an. Die «L'Équipe» feierte ihn als «Aufsteiger» und nannte ihn den personifizierten «Alptraum» des Erfolgssprinters Mark Cavendish.
Auch Stunden nach seinem Triumph in Saint Malo vor dem deutschen Sprinter-Platzhirsch André Greipel stand er im bescheidenen Fahrerhotel am Stadtrand Rede und Antwort. Der 25-Jährige beantwortete bereitwillig zum zigsten Mal dieselben Fragen. «Auf diesem Spurt bin stolz - heute hatte ich einen unheimlichen Bumms auf der Kette», sagte Kittel, der im ersten Doppelerfolg deutscher Radprofis bei der Tour seit 13 Jahren knapp die Nase vorne hatte.
Der geschlagene Greipel war stocksauer und schob den Grund für seine Niederlage auf den schlechten Straßenbelag im Zielbereich: «Kopfsteinpflaster». Aber auch der Sieger befuhr in Saint Malo keine Autobahn, obwohl die Geschwindigkeit daran erinnerte. Auch der drittplatzierte Cavendish war bedient von der Kittel-Show mit Tempo 75, noch dazu, weil ihm die Schuld an einem Sturz 250 Meter vor der Ziellinie zugeschoben worden war.
Die Feier nach dem großen Sieg fiel bescheiden aus. «Vielleicht ein Bierchen, aber wir gehen nicht irgendwie aus oder so», erklärte der große Blonde aus Arnstadt. Der Kapitän des niederländischen Argos-Shimano-Rennstalls, der im Vorjahr als Zweitligist noch auf Wild Cards für große Rennen angewiesen war, hat bei der so glücklich laufenden Jubiläumstour noch einiges vor. «Unsere Bilanz übertrifft zwar schon jetzt unsere Erwartungen bei weitem, aber für uns Sprinter kommen ja noch weitere interessante Etappen», meinte Kittel. Zum Beispiel am Donnerstag, Freitag und Samstag auf dem Weg nach Tours, Saint-Amand-Montrond und Lyon.
Kittel ist bei seiner zweiten Tourteilnahme - beim Debüt 2012 musste er nach kurzem Anlauf verletzt und krank passen - schon zu einer speziellen Qualitätsmarke im Peloton geworden. Einen weiteren kleinen Traum will er sich noch erfüllen: Auf jeden Fall in Paris ankommen. Hält sein Lauf bis dahin an («Die Alpen werden eine große Quälerei»), gelingt ihm zum Abschluss vielleicht auch noch der Sieg auf den Champs Elysées. «Das wäre natürlich die Krönung», sagte Kittel.