Andorra (dpa) - Tony Martin redet nicht lange herum. «Natürlich rechne ich mir beim Zeitfahren am Freitag Siegchancen aus. Ich will gewinnen, ich fahre nicht um Platz zwei oder drei», sagte der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister am ersten Ruhetag der 103. Tour de France.
In zwei Ausreißergruppen hatte Martin seine Form getestet hatte. «Ich bin zufrieden bisher, auch wenn der Erfolg noch ausblieb», sagte der Wahlschweizer, der zum Saisonende sein belgisches Etixx-Quickstep-Team eventuell verlassen wird. «Während der Tour wird wohl eine Entscheidung fallen. Mehr sage ich dazu nicht, es wäre Spekulation», erklärt er im luxuriösen Teamhotel Suisses Chalets. Dem 31 Jahre alten Martin sollen vier Angebote - inklusive einer Verlängerung im jetzigen Team - vorliegen.
Der schwere, hügelige Zeitfahr-Kurs über 37,5 Kilometer wird er am Freitag in Bourg-Saint-Andéol mit weniger Körpergewicht als sonst üblich in Angriff nehmen. «Ich habe durch eine Umstellung meiner Ernährung das eine oder andere Kilo verloren, alles auch schon im Hinblick auf Rio. Aber die Gewichtsreduzierung kommt mir hier bei den Anstiegen entgegen. Es geht ein wenig leichter, wenn auch die ganz hohen Berge weiter nichts für mich sind», erklärte Martin.
Damit zerstörte er ein wenig Hoffnungen der Fans, er werde vielleicht - wie 2009, als er Zweiter wurde - wieder eine Attacke auf dem Mont Ventoux planen. «Bei der Etappe am französischen Nationalfeiertag, die auf dem Ventoux endet, werde ich meine Kräfte fürs Zeitfahren schonen», sagte der Wahlschweizer, der figürlich mittlerweile auch als Skispringer durchgehen könnte. Aber er weiß: «Berghoch zählt fast jedes Gramm.»
So dünn wie Tour-Spitzenreiter Chris Froome, der bei einer Körpergröße von 1,88 kaum 70 Kilogramm wiegt, ist Martin noch nicht. Am Montag äußerte er großes Verständnis für Froomes Attacke auf einen Zuschauer beim Anstieg auf den Peyresourde, als sich der Brite einen sehr aufdringlichen Fan mit einem Faustschlag vom Leibe gehalten hatte.
«Die Zuschauer schaffen bei der Tour eine einmalige Atmosphäre. Aber es gibt leider einige Idioten, die bei Anstiegen halbnackt, oder kostümiert und alkoholisiert neben uns herlaufen. Da hast du Puls 180 oder 190 und musst dann noch darauf reagieren. Ich kann hundertprozentig nachvollziehen, wie Chris reagiert hat», sagte Martin, der beim Zeitfahren Tom Dumoulin, den Gewinner der Königsetappe in den Pyrenäen, am meisten fürchtet.
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