Utrecht (dpa) - Als André Greipel bei einer steifen Nordseebrise zum ersten deutschen Etappensieg bei der 102. Tour de France sprintete, hatte Marcel Kittel gerade seine Trainingsfahrt in Thüringen beendet.
Die Beben der Nicht-Nominierung des Sympathieträgers und achtmaligen Tour-Etappensiegers hallen noch mächtig nach. Ein möglicher Teamwechsel wurde vage in den Raum gestellt, gegenseitige Vorwürfe zwischen Teamleitung und dem Topangestellten wurden formuliert. Eine Klärung der undurchsichtigen Lage ist vorerst nicht in Sicht.
«Der ganze Prozess ist eine Enttäuschung, nicht die Mitteilung seiner Nichtnominierung. Marcel hat auch Fehler gemacht. Er hat mit mir nicht über einen Teamwechsel geredet», sagte Giant-Alpecin-Manager Iwan Spekenbrink der Deutschen Presse-Agentur in Utrecht.
Eine Woche zuvor hatte es ein Vier-Stunden-Gespräch mit Kittel und dessen Manager Jörg Werner gegeben. «Ohne Ergebnis», wie Werner in Bensheim am Rande der deutschen Meisterschaften vor Wochenfrist erklärte. Seither gibt es «nichts Neues», wie Werner auf dpa-Anfrage mehrmals wiederholte.
Wie ein entspanntes Arbeitsverhältnis hört sich das nicht an. Angeblich ist auch noch nicht bekannt, wie Kittels künftiges Saisonprogramm aussehen soll. Entweder er bereitet sich in der Polen-Rundfahrt (2. bis 8. August) auf die Hamburg Cyclassics am 23. August vor oder peilt eine Teilnahme an der Vuelta im September an.
Sportlich wäre sein Tour-Einsatz wegen fehlender Fitness nach seiner hartnäckigen Virus-Infektion vom Frühjahr ein Risiko gewesen, hatte Spekenbrink noch einmal herausgestrichen und auf mögliche Versäumnisse hingewiesen. «Er war krank, das kann man nicht ändern. Dann muss man es optimal machen».
Von der Verantwortung für das offensichtlich gespaltene Verhältnis spricht sich der Manager des einzigen deutschen WorldTour-Teams nicht frei: «Es gibt Sachen, die er besser machen kann, die wir besser machen können», meinte Spekenbrink, ohne zu sagen, worum es genau geht. Kittel jedenfalls hatte zuletzt fehlende Unterstützung moniert.
Der 27-Jährige, dem in den vergangenen beiden Jahren auf Korsika und in England das geglückt war, was seinem Freund Tony Martin an den ersten beiden Tour-Tagen versagt blieb - das Gelbe Trikot zu holen -, hat bei Giant-Alpecin noch einen Vertrag bis Ende 2016. Willi Bruckbauer, der Sponsor des bei der Tour mit einer Wildcard ausgestatteten deutschen Zweitliga-Teams Bora-Argon 18, hatte sich vorsichtig erkundigt, wie viel ein Topfahrer von Kittels Güte verdient und erkannt: «Das käme für uns nicht infrage.»