Frankfurt (rad-net) - Am kommenden Sonntag, den 7. August startet Trixi Worrack im Olympischen Straßenrennen von Rio. Es werden ihre vierten Spiele. Dabei hing ihre Teilnahme noch vor wenigen Wochen an einem seidenen Faden.
Sie ist der Dauerbrenner unter den deutschen Radsportlerinnen: Trixi Worrack. Seit dem Jahr 1998 war die Dissenerin bei allen Straßen-Weltmeisterschaften für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) am Start, nur einmal, im Jahr 2002, musste sie das Rennen vorzeitig beenden. Ihren größten Erfolg feierte sie 2006 in Salzburg mit WM-Silber. Bei den Olympischen Spielen geht die 34-Jährige nach Athen 2004 (Straße 25., Einzelzeitfahren 15.), Peking 2008 (Straße 20.) und London 2012 (Straße 33., Einzelzeitfahren 8.) auch schon zum vierten Mal an den Start.
Die vierte Olympia-Teilnahme für Worrack ist umso bemerkenswerter, weil die Fortsetzung der Karriere der mehrfachen deutschen Meisterin auf Straße, Berg und Bahn im Frühjahr am seidenen Faden hing. Nach einem schweren Sturz am 20. März bei der Trofeo Alfredo Binda in Italien musste Worrack in einer Not-Operation die linke Niere entfernt werden. Doch die nur 1,60 Meter kleine Fahrerin zeigte auch auf dem Krankenbett ihr riesengroßes Kämpferherz, das sie seit erfolgreichen Junioren-Zeiten neben Ehrgeiz, Disziplin und Teamfähigkeit besonders auszeichnet. «In den ersten Tagen nach dem Unfall hätte ich nicht gedacht, dass die Genesung so schnell vorangeht. Am Anfang konnte ich mich gerade mal zehn Minuten aufs Rad setzen, bevor ich platt war. Dann waren es 30 Minuten, dann eine Stunde. Peu à peu ging es voran», berichtet Worrack gewohnt zurückhaltend. Große Worte waren noch nie ihre Sache.
Nur 83 Tage nach dem Unfall gab sie bei den Auensteiner Radsporttagen ihr viel beachtetes Comeback und erhielt anschließend von den Ärzten grünes Licht für einen Olympia-Start.
«Bei uns Frauen hat das Olympiarennen noch einen höheren Stellenwert als bei den Männern, die haben ihre Tour de France. Ich will zeigen, dass ich zu Recht mit dabei bin», fiebert Worrack dem Saisonhöhepunkt entgegen. In Rio könnte ihr sogar eine Führungsrolle zukommen, die hügelige Strecke mit dem Ziel an der Copacabana scheint wie gemacht für sie. Nach der WM 2015 in Richmond (USA) konnte sich Worrack bereits vor Ort selber ein Bild von der Olympia-Strecke machen. «Der Kurs ist auf jeden Fall schwer. Es kommen zwei kleinere Berge, dann kommt 15 bis 20 Kilometer vor dem Ziel noch ein längerer Anstieg, über den man mit rüberkommen muss. Es ist aber keine Bergankunft, bei der die Bergfahrer wegfahren und alleine ankommen. Ich rechne mit einer kleinen Gruppe und einem Sprint», sagt Worrack, die neben der nötigen Bergfestigkeit auch schon mehrfach ihre Spurtfähigkeit bewiesen hat.
Kann Worrack am 7. August sogar als Kapitänin ins Rennen gehen? Das ist noch offen. «Ich denke, für Deutschland ist auf alle Fälle etwas drin. Wir haben den kleinen Vorteil der vierten Fahrerin und bei den letzten Weltmeisterschaften auch wieder sehr gut zusammengearbeitet. Trotzdem ist es schwierig. An dem Tag muss halt alles passen: Form, Taktik, Technik», blickt Worrack voraus. Gleichzeitig warnt Worrack, die noch bis Ende 2017 beim Profi-Team Canyon/SRAM unter Vertrag steht und mit der Mannschaft viermal in Folge den WM-Titel im Mannschaftszeitfahren gewinnen konnte, vor der Unberechenbarkeit eines Olympia-Rennens: «Die Rennen laufen komplett anders als eine WM, weil die Mannschaften eben maximal aus vier Fahrerinnen bestehen. Die Renndynamik ist völlig anders. Es kommt bei Olympia immer alles anders als man denkt.» Aber wenn jemand die nötige Erfahrung hat, um mit unvorhergesehenen Rennaktionen umzugehen, dann ganz sicher Trixi Worrack.
Go for Rio: Die Olympiakandidaten des BDR