Lausanne (dpa) - Jan Ullrich will den Schlussstrich. Der Ex-Radprofi steht nach den Worten seines neuen Managers Falk Nier vor dem «Neustart in die zweite Karriere», der von einem längst überfälligen Geständnis flankiert werden könnte.
Am Mittwoch will der 37-Jährige die unrühmlichen Teile seiner sportlichen Vergangenheit endlich zu den Akten gelegt wissen - so oder so. Fast fünf Jahre nach seinem Rücktritt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat bei seiner Entscheidung zur Causa Ullrich vor dem Hintergrund der Doping-Affäre Fuentes drei Möglichkeiten. Entweder er bestätigt die Entscheidung des Schweizer Verbandes, die Ermittlungen gegen dessen ehemaligen Lizenznehmer aus Deutschland einzustellen oder fordert ihn auf, sie wieder aufzunehmen. Dritte Variante: Der CAS beschließt die Affäre als letzte Instanz mit einem Urteil, Ullrich auf Lebenszeit zu sperren oder das Verfahren einzustellen.
«Das Urteil kann in alle Richtungen gehen. Es wäre spekulativ, von einer Variante auszugehen. Wir rechnen stündlich mit der Mitteilung durch den CAS, der sich ja den 30. November als Stichtag gesetzt hatte», sagte Nier der Nachrichtenagentur dpa.
«Natürlich denkt Jan jetzt an Lausanne», ergänzte der PR-Fachmann, der seit einem halben Jahr dabei ist, den ehemaligen Darling der deutschen Sportszene, dem die Staatsanwaltschaft Bonn Verbindungen zum mutmaßlichen Dopingarzt Fuentes nachgewiesen hatte, wieder gesellschaftsfähig zu machen.
Für diesen Plan wäre die Einstellung des Verfahrens natürlich die beste Lösung. Aber auch bei einer Sperre auf Lebenszeit für alle Radsport-Aktivitäten im Profi-Bereich könnte Ullrich weiter das machen, was ihm nach auskuriertem Burnout-Syndrom wohl wieder Spaß zu machen scheint. Der gebürtige Rostocker mit Wohnsitz in der Schweiz engagiert sich als Hobby-Radler im Charity-Bereich - gerade kehrte er vom Gran Fondo-Rennen aus Miami/USA zurück.
Egal wie sich der CAS entscheidet: Die Zeit ist überfällig, Klartext zu reden. Das haben wohl auch Ullrich und seine Entourage erkannt. Bisher verschanzt sich der einzige deutsche Gewinner der Tour de France hinter der juristisch-spitzfindigen Formulierung: «Ich habe nie jemanden betrogen». Damit will er bis heute explizit Doping leugnen.
Aber es würde keinen vom Hocker hauen, wenn Ullrich nun doch zugeben würde, das getan zu haben, was wohl für einen Großteil seiner Konkurrenz gang und gäbe war. Von Rolf Aldag bis Erik Zabel - enge Teamkollegen Ullrichs aus vergangenen T-Mobile-Zeiten haben Doping längst zugegeben. Gegen Lance Armstrong wird in den USA ermittelt.
Ullrichs neuer Sprecher Nier aus der Agentur des ehemaligen Tennis-Daviscupspielers Charly Steeb deutete vor einiger Zeit vorsichtig die Möglichkeit eines Geständnisses an. Nun sagte er: «Das könnte in jedem Fall passieren - egal, wie das CAS-Urteil ausfällt.»