Berlin (dpa) - Die Rote Karte durch die Veranstalter der Tour de France hat den Spanier Alberto Contador in Rage gebracht. Unter Tränen gab er die dramatische Änderung seiner Saisonpläne bekannt.
Als er vom Tour-Aus seines Astana-Teams erfuhr, startete der 25-jährige Toursieger auf der 4. Etappe der Mallorca-Rundfahrt einen wütenden Ausreiß-Versuch, schrie trotzig in die Mikrofone des spanischen Fernsehens: «Astana bei der Tour!»
Er wolle sich nun zwangsläufig auf Olympia und die Vuelta konzentrieren, sagte Contador. Das dürfte auch auf Andreas Klöden zutreffen, der am 20. Februar bei der Algarve-Rundfahrt verspätet in die Saison starten will und laut Manager Tony Rominger nicht an einen Wechsel denkt. Vuelta-Direktor Victor Cordero folgt nicht dem aktuellen Giro- und Tour-Beispiel und erklärte: «Astana ist willkommen.»
Ein Teamwechsel, wozu ihm einige spanische Zeitungen rieten, dürfte für Contador wohl kaum infrage kommen. Tour-Chef Christian Prudhomme hatte zuvor dem Internetanbieter «cyclingnews» erklärt, in einem anderen Team stehe einem Contador-Start nichts im Wege. Zu möglichen Wechsel-Absichten, die die Freigabe durch seinen kasachischen Sponsor voraussetzen würden, äußerte sich der Spanier in Soller auf Mallorca nicht. Klöden würde seinen fürstlich dotierten Vertrag verlieren, sollte er sich einem anderen Team anschließen. «Er hat einen laufenden Vertrag bis Ende des Jahres. Wir warten erst mal ab und erarbeiten einen alternativen Wettkampfplan. Ein Wechsel ist kein Thema», sagte der frühere Stunden-Weltrekordler Rominger der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Nach dem Giro-Aus hatten die Astana-Geldgeber - potente Industrie-Unternehmen Kasachstans unter der Schirmherrschaft der Landesregierung - dem Team Rückhalt signalisiert. Ob sie auch eine zumindest einjährige Tour-Abstinenz schlucken werden, bleibt abzuwarten. Team-Manager Johan Bruyneel lamentierte nach der Schock-Nachricht aus Paris von himmelschreienden Ungerechtigkeiten und verwies auf seinen teaminternen, strikten Anti-Doping-Kurs, der ihn «460 000 Euro» gekostet hätte. Der Belgier, der hinter der Siegesserie des siebenfachen Tour-Rekordsiegers Lance Armstrong stand, musste aber einsehen, dass diese Mittel für die Image-Politur offensichtlich nicht reichten. Auch Armstrong war öfter mit Doping in Verbindung gebracht worden. Gegen Contador ermittelt das italienische CONI, ob Verbindungen zur Doping-Affäre Fuentes bestehen.
«Im Vorjahr haben wir dem neuen Astana-Team vertraut», das «aus der Asche» des ehemaligen Liberty-Managers Manolo Saiz, eines Hauptakteurs der Doping-Affäre Fuentes, hervorgegangen sei, sagte Tour-Chef Prudhomme. Aus diesem Fehler habe man gelernt. «Ich sage nicht, niemals wieder Astana, aber ich sage: niemals wieder 2007», erklärte Prudhomme und wies auf die Unterschiede der Doping-Fälle Astana und T-Mobile im Vorjahr hin: «Das Doping-Vergehen Patrik Sinkewitz ereignete sich vor der Tour, auch wenn es während der Tour bekannt wurde.»
Marc Biver hatte das Saiz-Erbe zu Beginn der vergangenen Saison übernommen und sich daran als Astana-Manager gründlich verhoben. Unter der Ägide des Luxemburgers war es bei der Tour 2007 zum Doping- Eklat um den Team-Kapitän Alexander Winokurow gekommen, der des Fremdblut-Dopings überführt wurde. Vorher war Astana-Fahrer Matthias Kessler positiv auf Testosteron getestet worden. Nach dem vorzeitigen Tour-Ausstieg der gesamten Mannschaft war Winokurow-Helfer Andrej Kaschetschkin den Doping-Fahndern ins Netz gegangen.
Die Problematik der Astana-Vergangenheit sei ihm klar, aber die gesamte Team-Struktur und die Führungs-Ebene habe sich total geändert, gab der neue Astana-Lenker Bruyneel zu bedenken. «Teams mit ähnlich verdächtiger Vergangenheit» dürften laut Bruyneel dagegen ungerechterweise starten. «Ich bin geschockt und sehr enttäuscht. Wir können absolut nicht verstehen, warum wir Albertos Titel nicht mit zwei aussichtsreichen Fahrern, mich inklusive, verteidigen können», sagte Astana-Co-Kapitän Levi Leipheimer (USA), der bis 2006 das Team Gerolsteiner anführte.